Seit 22 Jahren ist der 39-Jährige Profi in Manchester. Als er sein Debüt feierte, waren einige seiner heutigen Mitspieler noch gar nicht geboren.

Manchester. Als Ryan Giggs sein erstes Profi-Spiel für Manchester United absolvierte, hieß die Premier League noch First Division, David Beckham spielte in der Jugend der Brinsdown Rowers und einige von Giggs' heutigen Mitspielern waren noch nicht geboren. Am 2. März 1991 war das. Im November wird Ryan Giggs 40, und er ist immer noch Stammspieler im besten Club in einer der besten Ligen der Welt.

Am Sonnabend, auf den Tag genau 22 Jahre nach seinem Debüt, bestreitet er gegen Norwich City sein 1000. Pflichtspiel als Profi. Der Anti-Beckham, die Reinkarnation von George Best, der „Welsh Wizard“ (Walisische Zauberer). Und ein Ende ist noch nicht in Sicht, am Freitag erst erhielt Giggs einen neuen Einjahresvertrag. „Ryan kann auch mit 40 noch spielen“, sagt Sir Alex Ferguson, der Giggs einst entdeckte und an dem Waliser eine Eigenschaft schätzt, die er selbst als Teammanager seit 27 Jahren bei den Red Devils an den Tag legt: Unverwüstlichkeit. „Ryan ist einfach ein körperliches Wunder“, sagt der Schotte: „Er ist wie ein Jack Russell, der einem Fetzen Silberpapier hinterherjagt.“

Und so hat Giggs mehr Profijahre auf dem Buckel als mancher Kollege Lebensjahre, 23. In jedem davon hat er mindestens 32 Spiele für Manchester bestritten. Dabei reihte der 1973 als Ryan Wilson geborene Dauerläufer, der erst in seinem 17. Lebensjahr den Nachnamen seines Vaters ablegte, Höhepunkt an Höhepunkt. Zwölf Mal war er englischer Meister, zwei Mal gewann er mit ManUnited die Champions League, 2009 wurde er zu Großbritanniens Sportler des Jahres gewählt, 2007 von der Queen zum Officer des Order of the British Empire ernannt. Die Manchester-Fans wählten ihn zum besten Spieler der Vereinsgeschichte. Trotz Bobby Charlton, trotz Best, trotz Eric Cantona, Beckham oder Cristiano Ronaldo.

Für eine solch lange und erfolgreiche Karriere braucht es gute Gene (sein Vater Danny Wilson, Sohn eines aus Sierra Leone eingewanderten Matrosen, war Rugby-Nationalspieler in Wales), Talent, Fleiß, Ehrgeiz, Freude am Spiel und natürlich auch eine Menge Disziplin. Der Asket Giggs trinkt nicht, isst kaum Fleisch, treibt regelmäßig Yoga.

Die britischen Medien bezeichneten ihn als den Spieler, „der das Image des Fußballs im Alleingang revolutionierte“, auch als „ersten Posterboy der Premier League“ oder „den Jungen, der eine Million unschuldige Teenagerherzen in United-Anhänger verwandelte“. Und auch die Fans lieben ihren „Giggsy“, ihm zu Ehren tragen viele während des Spiels ein Brusthaar-Toupet.

Etwa ein Jahrzehnt lang spielte United fast mit demselben Mittelfeld. Der eisenharte Roy Keane, der ewige Paul Scholes oder Frauenschwarm Beckham, alle hatten ihre Fans. Doch für echte Fußballer war Giggs stets der Größte. „Ohne respektlos gegenüber den anderen zu sein. Aber Giggs war der einzige, der immer ein Superstar war“, sagt sein ehemaliger Mitspieler Steve Bruce. Und die italienische Fußball-Ikone Alessandro del Piero behauptet gar: „Es ist peinlich zu sagen, aber es gibt zwei Spieler, bei denen ich Tränen in den Augen hatte, wenn ich sie spielen sah. Der erste war Roberto Baggio, der zweite war Ryan Giggs.“

Dass Giggs von manchem Fußball-Interessierten jenseits der Insel nicht die verdiente Wertschätzung erhält, liegt daran, dass er als Waliser nie an einer WM- oder EM-Endrunde teilnehmen durfte. Auch das hat er gemein mit dem Nordiren Best, der der Legende nach an jenem Tag das Klub-Gelände von United verließ, als Giggs es erstmals betrat.

Sein großes Turnier erlebte der Walisische Zauberer dann aber doch noch. Als Kapitän führt er die Mannschaft Großbritanniens bei Olympia 2012 in London an. „Ich bin Waliser und stolz darauf. Aber für mich war es eine Chance, die ich nicht verpassen durfte“, sagte er. Auf das Kapitänsamt hatte auch Beckham spekuliert. (sid)