Zwei umstrittene Szenen, aber ein handzahmer Thomas Tuchel: Der Trainer des 1. FSV Mainz 05 gab sich nach dem denkwürdigen Viertelfinal-Aus gegen den SC Freiburg (2:3 n.V.) überraschend kleinlaut.

Mainz. Thomas Tuchel zog sein knallrotes Basecap noch tiefer ins blasse Gesicht – und nicht wenige rechneten schon mit einer erneuten Schiedsrichter-Schelte. Doch nach dem denkwürdigen Viertelfinal-Aus im Duell mit dem SC Freiburg ging der Trainer des FSV Mainz 05 einzig und allein mit seinem Team hart ins Gericht. „Der Deckel war so was von drauf auf diesem Spiel, wie er fester nicht hätte sein können“, sagte Tuchel nach dem 2:3 (2:2, 2:0) nach Verlängerung und ließ keinerlei Raum für Spekulationen: „Nur wir haben ihn wieder geöffnet. Sonst niemand.“

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Wer geglaubt hatte, der 39-Jährige würde einen Tag nach seiner aufsehenerregenden Brandrede („Meine Mannschaft wird krass benachteiligt“) erneut Kritik an Schiedsrichter-Entscheidungen üben, der sah sich getäuscht. Dabei hatten die ereignisreichen 120 Minuten mit einer frühen Mainzer 2:0-Führung nach knapp vier Minuten genug Stoff für eine Fortsetzung der Tuchel'schen Verschwörungstheorie geboten.

Davon wollte der sichtlich um Deeskalation bemühte FSV-Coach zumindest öffentlich nichts wissen. Sowohl die Gelb-Rote Karte für Verteidiger Zdenek Pospech (65.) als auch der Elfmeter nach einem Foul von Radoslav Zabavnik an Ivan Santini (90.+3), den Daniel Caligiuri zum Freiburger Ausgleich nutzte, machte Tuchel nicht an Referee Deniz Aytekin fest.

„Dahinter steckte kein Kalkül“

Den vielleicht spielentscheidenden Platzverweis wertete er als „berechtigt“. Und auch bei der Beurteilung des umstrittenen Strafstoßes verzichtete Tuchel auf Kritik am Schiedsrichter. „Da sind wir im Zweikampf ein Risiko gegangen, das nicht nötig und grob fahrlässig war“, sagte der gebürtige Schwabe, der mit Blick auf seinen verbalen Frontalangriff beteuerte: „Dahinter steckte kein Kalkül. Es ging mir nicht darum, Schiedsrichter zu beeinflussen.“

Auch FSV-Manager Christian Heidel bemühte sich, die durch Tuchels Verbalattacke entstandenen Wogen ein wenig zu glätten. „Auch ohne diese ganze Diskussion hätte der Schiedsrichter den Elfmeter gegeben“, sagte Heidel. Will heißen: Rückendeckung für Tuchel – und keine Gedanken an Unparteiische, die nun als „Racheengel“ auftreten könnten.

Derweil sprangen die Freiburger Profis nach dem ersten Halbfinal-Einzug der Vereinsgeschichte wie kleine Kinder durch die Mixed Zone. „Ich bin zehn Kilogramm leichter nach dem Stress. Unglaublich, wie wir zurückgekommen sind“, sagte Keeper Oliver Baumann nach der Aufholjagd in Überzahl. Der Vorstandsvorsitzende Fritz Keller klagte nach dem vorläufigen Saisonhöhepunkt des Überraschungsteams scherzhaft über „Herzrhythmusstörungen“ und meinte: „Halbfinale – ich weiß gar nicht, wie das geschrieben wird.“

Streich „ganz lässig in der Halbzeit“

Der überragende Doppeltorschütze Daniel Caligiuri, dem in der 108. Minute der Siegtreffer gelungen war, wies auf den großen Anteil von Trainer Christian Streich an der „Traumsaison“ hin. „Er war trotz des 0:2-Rückstandes ganz lässig in der Halbzeit. Der Coach hat mal wieder bewiesen, dass er ein richtiger Motivationslehrer ist“, sagte Caligiuri, der die extrovertierte Art von Streich an der Seitenlinie mag: „Mich motiviert das sehr.“ Seinen vier Jahre älteren Bruder Marco, der für den FSV Mainz 05 spielt, nahm Daniel Caligiuri nach dem Abpfiff tröstend in den Arm. „Er bekommt eine Karte für das Halbfinale“, sagte der Freiburger mit einem Augenzwinkern.

Im K.o.-Spiel um die Reise nach Berlin wünscht sich der Tabellenfünfte nach elf Auswärtsspielen in Serie endlich das erste Cup-Heimspiel seit 2009. Dies würde zudem eine Summe von 1,891 Millionen Euro in die Kasse der Breisgauer spülen.

In den Katakomben indes bemühten sich alle Mainzer Verantwortlichen, die Tuchel vor seiner Brandrede nicht imformiert hatte, um Diplomatie. „Ich sehe durch seine Ausführungen keinen Nachteil für den Verein. Thomas hat das Recht dazu, etwas zu analysieren und zu artikulieren. Er ist ja kein Leibeigener, sondern unser Trainer“, sagte FSV-Präsident Harald Strutz. Wohlwissend, dass „wir die Diskussion jetzt haben“.