Hamburger Senator fordert stärkeres Mitspracherecht der Bundesländer bei Entscheidungen über neue Bundesstützpunkte

Hamburg. Michael Neumann, 42, hat die Strukturen der deutschen Sportpolitik kritisiert. In seiner Begrüßungsrede zum ersten Hamburger Sportgipfel sagte Hamburgs Sport- und Innensenator im Rathaus: "Das deutsche Sportsystem scheint mir nicht mehr so stimmig und leistungsstark, wie es sein müsste. Mein Eindruck ist, dass wir zu viel Beliebigkeit walten lassen, dass es an der Konzentration der Kräfte fehlt und dass wir uns durch Gießkannen-Förderpolitik zu verzetteln drohen."

Hintergrund der Neumannschen Philippika: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Bundesinnenministerium (BMI) hatten Hamburg im Januar als Bundesstützpunkt der Leichtathleten anerkannt. Hamburgs Verband hatte zuvor einen entsprechenden Antrag beim DOSB gestellt. Nicht mit den Leichtathleten, aber mit dem Zustandekommen der Entscheidung hat Neumann ein grundsätzliches Problem: "Da sehe ich einen wesentlichen Systemfehler, der korrigiert werden muss: Im Steuerungsmodell Leistungssport des DOSB sind die Bundesländer nicht in den Abstimmungsprozess eingebunden. Die Länder kommen in dem Verfahren nur ganz am Ende mit einem Vetorecht beim Bundesverwaltungsamt vor. Das kann nicht sein!" Dem widersprach DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper. Neumann habe zwar formal recht, es sei jedoch eine Sache der Kommunikation, sich mit dem jeweiligen Landessportbund und dem Fachverband schon so rechtzeitig abzustimmen, bevor diese einen Antrag beim DOSB einreichten.

Im Zuge der Dekadenstrategie Sport des Senats will Hamburg die Zahl seiner Schwerpunktsportarten von bislang vier (Beachvolleyball, Hockey, Rudern, Schwimmen) bis ins Jahr 2020 auf sechs aufstocken. Darunter soll eine paralympische sein, wahrscheinlich Rollstuhlbasketball am Standort Wilhelmsburg. Den Schwerpunktsportarten stellt Hamburg nicht nur Trainingseinrichtungen kostenlos zur Verfügung, die Stadt zahlt zusätzlich auch Trainerstellen. Ein Bundesstützpunkt könne deshalb in Hamburg nicht den Anspruch erheben, automatisch auch Schwerpunktsportart zu werden, stellte Neumann klar. Das sei angesichts der Haushaltssituation des Bundes, der Länder und vor allem der Kommunen und der beschlossenen Schuldenbremse finanziell nicht zu leisten.

Neben den Leichtathleten - für Sprung und Mehrkampf, nicht aber für Laufen und Gehen - erfüllen inzwischen weitere Hamburger Verbände einen Großteil der 70 DOSB-Kriterien, um als Bundesstützpunkt anerkannt zu werden. Ein positiver Bescheid, sagte Vesper, liege auch dem Badmintonverband vor. Abgelehnt wurde dagegen der Antrag der Judokas. Auch Curling und Golf haben wohl gute Chancen, in Hamburg einen vom DOSB und BMI sanktionierten Bundesstützpunkt errichten zu dürfen. Neumann: "Der Sprung in Hamburg von vier auf zehn Bundesstützpunkte wäre mehr als eine Verdopplung. Sollen sie effektiv arbeiten, brauchen wir neue Einnahmequellen."

Für einen Bundesstützpunkt verpflichten sich die Länder, Trainingsstätten zu bauen und zu betreiben. Hamburg gibt derzeit jährlich zwei Millionen Euro für seine Spitzensportinfrastruktur aus, für den Unterhalt der Leichtathletik-Trainingshalle in Winterhude oder den Olympiastützpunkt in Dulsberg. Das ließe sich nicht beliebig steigern, sagte Neumann.