Das IOC hat Ringen aus dem Programm für die Sommerspiele 2020 gestrichen. „Es hat keinerlei Vorzeichen gegeben“, beklagt der DRB-Präsident.

Lausanne. Ringen soll überraschend aus dem Programm der Olympischen Spiele 2020 verschwinden. Durch den unerwarteten Beschluss der IOC-Exekutive am Dienstag in Lausanne droht der traditionsreichen Sportart der Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Der Moderne Fünfkampf, vor der Sitzung Streichkandidat Nummer eins, behält hingegen seinen Olympia-Status. Bereits seit 1896 olympisch, ist Ringen ohne die millionenschwere Unterstützung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nur schwer überlebensfähig.

344 Ringer und Ringerinnen waren bei den London-Spielen am Start. Dabei wurden im Freistil in elf Gewichtsklassen Medaillen verteilt, im griechisch-römischen Stil gab es in sieben Gewichtsklassen Entscheidungen. Manfred Werner, Präsident des Deutschen Ringer-Bundes, reagierte überrascht. „Das kommt für mich aus dem heiteren Himmel“, sagte er.

Auch Ringer-Bundestrainer Michael Carl hat die Streichung der Traditionssportart aus dem Programm der Olympischen Spiele 2020 mit großer Verwunderung aufgenommen. „Das hat mich sehr überrascht. Es gab zwar in den letzten Jahren immer wieder Gerüchte darüber, aber ich bin erstaunt, dass es jetzt so schnell gegangen ist. Wir müssen jetzt in Ruhe analysieren, wie es dazu gekommen ist“, sagte der 33-Jährige. Welche Folgen der Ausschluss für die Sportart in Deutschland haben wird, lasse sich noch nicht abschätzen: „Unsere Welt- und Europameisterschaften und die Bundesliga werden durch diese Entscheidung zwar erst mal nicht beeinträchtigt, aber welche langfristigen Auswirkungen das haben wird, kann man natürlich jetzt noch nicht absehen.“

Das IOC begründete seine Empfehlung unter anderem mit den niedrigen Werten, die das Ringen bei einer detaillierten Analyse aller 26 olympischen Sommersportarten bekam. Dabei hatte die Programm-Kommission des IOC insgesamt 39 Kriterien wie TV-Quoten, Zuschauerzahlen, Ticketverkäufe, Verbreitung, Mitgliederzahlen und Attraktivität für Jugendliche untersucht.

Die Entscheidung der Exekutiv-Kommission muss von der IOC-Vollversammlung im September in Buenos Aires noch bestätigt werden. Dieser Schritt gilt aber als reine Formalie. Bei ihrer Sitzung im Mai in St. Petersburg wird die Exekutive empfehlen, welche Sportart dafür nachrückt.

Ringen kann sich mit den sieben olympischen Ersatzkandidaten (Baseball/Softball, Klettern, Karate, Rollschuhsport, Squash, Wakeboarden, Wushu) wenigstens dem Votum stellen – aber kaum mit einer unmittelbaren Wiederaufnahme ins Programm rechnen.

IOC-Präsident Jacques Rogge hatte bereits zweimal vergeblich versucht, sein Premium-Produkt Olympia auch auf Kosten des Modernen Fünfkampfes zu modernisieren, bei seinen Reformvorstößen auf der Session 2002 in Mexiko-Stadt und 2005 in Singapur aber jeweils empfindliche Niederlagen erlitten.

Und auch dieses Mal retteten die Modernisierungsmaßnahmen des deutschen Weltverbandspräsidenten Klaus Schormann die Mehrkämpfer vor dem prophezeiten Ausschluss. Mit einem offenen Brief hatte Schormann an die olympische Familie appelliert, das Vermächtnis von Pierre de Coubertin“ nicht zu zerstören. Dieser hatte den Modernen Fünfkampf stets als Inbegriff des Olympismus bezeichnet. Jetzt hat es Ringen erwischt – eine der klassischen Sportarten der Antike.

Erleichtert haben indes Deutschlands Moderne Fünfkämpfer auf das abgewendete Olympia-Aus reagiert. „Das ist beruhigend“, sagte Bundestrainerin Kim Raisner am Dienstag. Für Olympiasiegerin Lena Schöneborn wäre das Aus „ein unbeschreiblicher Verlust“ gewesen. Die 26 Jahre alte Siegerin von 2008 sagte, dass der Abschied von den Olympischen Spielen „die Wurzeln unseres Sports“ getroffen hätte.

Raisner lobte zugleich Klaus Schormann, den Präsidenten des Internationalen Verbandes für Modernen Fünfkampf (UIPM), für seine erfolgreiche Lobbyarbeit: „Das macht der Herr Schormann sehr, sehr gut.“ Die Bundestrainerin sagte: „Wir müssen immer kämpfen, um drin zu bleiben.“