Die Basketballer des SC Rist Wedel sehen sich als Ausbildungsteam - als perfekten Unterbau für die geplante Profimannschaft in Hamburg

Wedel . Wer die Geschichte des SC Rist Wedel erzählen will, muss diesmal nach dem Zweitligaspiel der Ersten Herren gegen die Baskets Braunschweig beginnen. Mehr als 60 Kinder zwischen fünf und 15 Jahren tummeln sich nach der Schlusssirene auf dem Spielfeld der Sporthalle Am Steinberg, dribbeln, passen und werfen ihre Basketbälle mit bereits erstaunlicher Treffsicherheit auf die zahlreichen Körbe an den Wänden und auf dem Platz. Das muntere Treiben will kein Ende nehmen, erst gegen 22 Uhr, mehr als eine Stunde nach Spielschluss, geben die Letzten mit verschwitzten Haaren auf.

Die Szenerie verdeutlicht einmal mehr, dass beim SC Rist traditionell das Hauptgewicht auf der Nachwuchsarbeit liegt. Und so ist an diesem Abend die 62:78-(32:41)-Niederlage gegen Braunschweig, die bislang höchste Heimpleite dieser Saison, auch schnell vergessen.

Zwar rutscht das Team in der drittklassigen Zweiten Bundesliga Pro B vom zweiten auf den dritten Tabellenplatz, der erhoffte Rang unter den ersten vier scheint jedoch nicht in Gefahr. Er würde in der ersten Runde der Play-offs (best of three) um den Aufstieg in die Pro A, die am 16. März startet, Heimrecht im entscheidenden dritten Spiel bedeuten. Über den möglichen Klassensprung machen sich die Verantwortlichen in Wedel indes noch wenige Gedanken. Zwar scheint der Vorstand der Zweiten Bundesliga von für den SC Rist unerfüllbaren Bedingungen abzurücken - wie einer Hallengröße von 1500 Zuschauern (Am Steinberg: 1000) oder einem Mindestetat von 350.000 Euro -, aber allein den geforderten Parkettboden zu verlegen, würde bei einer Neuanschaffung 80.000 bis 100.000 Euro kosten. "Für die Pro A, in der die Teams zehnmal die Woche trainieren, was bei uns nicht für alle Spieler möglich ist, bräuchten wir zudem sechs neue Profis, um konkurrenzfähig zu sein", sagt Trainer Sebastian Gleim, 28. Das widerspreche der Philosophie des Vereins, der Spieler ausbilden und nicht kaufen will.

Selbst der erfolgreiche Marketingchef Thorsten Fechner, der in den vergangenen vier Jahren das Budget auf rund 150.000 Euro verdoppelte, reagiert zurückhaltend auf das heikle Thema: "Es wäre schon eine größere Herausforderung, den Aufstieg zu riskieren, dafür fehlen dem SC Rist eigentlich die professionellen Strukturen." Mit wie bisher hauptsächlich ehrenamtlichen Mitarbeitern sei ein derartiges Projekt auf Dauer nicht zu bewältigen, sagt Fechner. "Unsere Ansprüche und Ziele lassen sich auch in der Pro B gut verwirklichen, möglicherweise besser als in der Pro A. Schließlich wollen wir künftig noch mehr eigene Jugendliche in die erste Mannschaft holen."

Der für seine Jugendarbeit wiederholt ausgezeichnete Verein setzt stärker denn je auf Talentsichtung und -förderung. In Kooperation und mit finanzieller Unterstützung der Stadt Wedel bietet der SC Rist seit zwei Jahren an vier Grund- und zwei weiterführenden Schulen sowie dem Johann-Rist-Gymnasium regelmäßig Basketballtraining an. Darüber hinaus hat der Club über die Zusammenarbeit mit der Nordakademie in Elmshorn jetzt für interessierte Spieler attraktive Bedingungen geschaffen, damit diese nach dem Schulabschluss Studium und Leistungssport aufeinander abstimmen können.

Zehn der 16 Spieler des derzeitigen Herrenkaders kommen bereits heute aus Hamburg oder der näheren Umgebung. Dem hoffnungsvollen Nachwuchs dient der Club auch als Präsentationsfläche. Der 17 Jahre alte Spielmacher und U18-Nationalspieler Ismet Akpinar wird bereits von mehreren Erstligavereinen umworben. Sein Weggang aus Wedel scheint beschlossen. "Ich will im Sommer den nächsten Schritt in meiner Karriere wagen", sagt der Abiturient.

Gernot Guzielski, der Vereinsvorsitzende, sieht darin kein Problem: "Wir wissen um unsere Möglichkeiten und unsere Rolle. Ideal wäre es, wenn wir für eine künftige Hamburger Bundesligamannschaft als Juniorpartner das Ausbildungsteam stellen könnten."

Dass es demnächst in Hamburg eine Erstligamannschaft geben wird, davon ist der Architekt überzeugt. Er hilft dabei tatkräftig mit. Die Blumenhalle in Wilhelmsburg, die nach der Internationalen Gartenschau (igs) 2014 in eine 3500 Zuschauer fassende Basketballhalle umgebaut wird, hat Guzielski entworfen. Wilhelmsburg, sagt er, sei ein perfekter Standort für das neue Team. Und er wäre bereit, die Zweitligalizenz des SC Rist nach Wilhelmsburg zu transferieren, wenn es dort mit dem angestrebten Erstligaspielrecht nicht auf Anhieb klappen sollte. "Dann fangen wir in Wedel in der Regionalliga neu an und schaffen mit Hamburger Talenten wieder den Aufstieg in die Zweite Liga."

Genau diese Einstellung hat den SC Rist über die Jahre stark gemacht - und unabhängig von flüchtigen Ereignissen wie einer Heimspielniederlage.