Die viel kritisierte Skiläuferin gewinnt bei den Weltmeisterschaften in Schladming Kombinations-Gold

Schladming. Irgendwann im Laufe dieser launischen Saison war Maria Höfl-Riesch tatsächlich an einem Punkt angelangt, an dem sie das bis dato Undenkbare beinahe gewagt hätte. Diese "Geschichte mit den Mentaltrainern", sagt sie, das sei ja ein Riesenthema, und es klingt fast ein bisschen belustigt. Mit einem Augenzwinkern sagt sie: "Mein Ehemann hat mir die letzten Monate öfters empfohlen, dass ich mir das überlegen sollte. Aber ich wollte nicht mit etwas anfangen, was ich in der Vergangenheit nie gebraucht habe."

Sicher, Maria Höfl-Riesch ist alles andere als eine perfekte Saison gefahren. Ein Sieg im Weltcup nur, viele gute, aber wenige hervorragende Resultate, drei Ausfälle in den vergangenen fünf Rennen: "Natürlich habe ich mich gefragt: Woran liegt es eigentlich? Dass ich schnell fahren kann, wusste ich. Also musste es der Kopf sein."

Und nun, gleich in ihrem zweiten Wettbewerb bei der alpinen Ski-WM in Schladming, wurde aus dem vermeintliche Schwachpunkt ihre Stärke. Wieder hat sie sich auf ihren kühlen Kopf verlassen können: Seit Freitagnachmittag ist Höfl-Riesch zum ersten Mal Weltmeisterin in der Super-Kombination. In Verbindung mit einem Olympiasieg ist das noch keiner Frau gelungen.

In einem spannenden Wettkampf setzte sich die 28-Jährige mit 0,46 Sekunden vor der slowenischen Super-G-Weltmeisterin Tina Maze und eine Sekunde vor Niki Hosp durch, die mit Bronze die erste Medaille für Österreich bei der Heim-WM holte. Die zweite deutsche Starterin, die junge Debütantin Veronique Hronek, 21, wurde gute Zwölfte. "Ich war ziemlich sicher, dass es nicht möglich sein würde, hier Gold zu gewinnen", sagte Höfl-Riesch. "Tina wurde immer besser zuletzt - und ich habe die letzten beiden Slaloms nicht mal beenden können. Gold, das ist Wahnsinn." Mehr noch: "Es ist ein Befreiungsschlag."

Mit der ersten Medaille in Schladming für den Deutschen Skiverband (DSV) hat Höfl-Riesch einmal mehr nachgewiesen, dass mit ihr bei Großereignissen seit vier Jahren stets zu rechnen ist. Nach der Abfahrt hatte die Doppel-Olympiasiegerin zeitgleich mit Lara Gut aus der Schweiz mit 0,20 Sekunden Rückstand auf die ebenfalls gleichauf Führenden Maze und Anna Fenninger auf Platz vier gelegen. Höfl-Riesch schwante, dass sie vor einer kniffligen Herausforderung stand. "Ich war vor dem Slalom ein bisschen nervös, denn ich wusste: Das war meine Chance", bekannte sie später. "Ich wusste aber auch: Wenn das hier heute nicht funktioniert, werde ich eine schwere zweite WM-Hälfte haben."

Weil Fenninger und Gut ausschieden und Maze "zu viel gebremst hat", ging die Sache gut aus. Warum sie am Freitag mit der zweitschnellsten Zeit bei plötzlich einsetzender Bewölkung einen wunderbar geschmeidigen Lauf auf die Piste zauberte, vermag Höfl-Riesch selbst nicht recht zu erklären. "Es war sicherlich kein perfekter Lauf, aber ein solider, einer mit der richtigen Taktik. Das war der Schlüssel zum Sieg."

Knifflig ist die im Weltcup recht ungeliebte Super-Kombination für die Rennläuferinnen und Rennläufer vor allem deshalb, weil sie sich innerhalb weniger Stunden von den rund 2,15 Meter langen Abfahrtslatten am Morgen auf die rund 40 Zentimeter kürzeren Slalomskier am Nachmittag umstellen müssen. Das liegt längst nicht jeder Rennläuferin. Als langjährige Allrounderin ist Höfl-Riesch klar im Vorteil.

Schon an diesem Sonnabend nun schnallt sie sich schon wieder die langen Skier unter. Um 13.30 Uhr beginnt das letzte Training für die Spezialabfahrt am Sonntag. Sie weiß: "Nach dem Tag heute zähle ich in der Abfahrt sicher mehr zu den Favoritinnen als vor der WM. Ich habe mit der Goldmedaille heute meine Ziele erreicht, ich kann jetzt locker drauflosfahren. Vielleicht geht ja noch ein bisschen mehr ..."

Die Frage, ob Markus Wasmeiers Kritik vor dem WM-Start ("Sie wird kaum eine Rolle spielen") sie zusätzlich motiviert habe, beantwortet Maria Höfl-Riesch souverän: "Vielleicht war es eine kleine Sondermotivation. In erster Linie ist es eine Genugtuung mir selber gegenüber, dass ich wieder gezeigt habe, was ich draufhabe."