Der 34-jährige Boxprofi muss beweisen, dass er reif für ein erneutes WM-Comeback ist. „Ich habe aus meinen Fehlern gelernt“, sagt Sturm.

Hamburg. Das Mobiltelefon, normalerweise ein ständiger Begleiter des Geschäftsmannes Felix Sturm, ist seit Montag ausgeschaltet, und das hat einen einfachen Grund. Der Boxprofi Felix Sturm braucht absolute Ruhe. Auch an diesem Donnerstag, an dem er seinen 34. Geburtstag feiert. Nichts soll ihn ablenken vor einem Kampf, der für den Verlauf seiner verbleibenden aktiven Karriere immense Bedeutung hat. Dem Geschäftsmann Sturm, der sich seit Sommer 2010 in Eigenregie durch die Boxwelt schlägt, gefällt das nicht. Aber Trainer Fritz Sdunek hat sich durchgesetzt, der Sportler Sturm hat es akzeptiert. "Ich habe aus meinen Fehlern gelernt", sagt er. Das klingt besser.

Genau genommen waren es zwei Fehler, die dazu geführt haben, dass der Mittelgewichtler an diesem Freitag (23 Uhr/Sat.1) im Düsseldorfer ISS Dome gegen den Australier Sam Soliman zum Siegen verdammt ist. Er hat sich vor seinen Kämpfen zu viel um das Geschäft abseits des Rings gekümmert. Die Folge daraus war, dass er in sechs Duellen unter eigener Flagge nur gegen Sebastian Zbik überzeugend gewann. Nun hat er Mitarbeiter eingestellt, die die Aufgaben übernehmen, die er anfangs glaubte selber erledigen zu müssen.

Der zweite Fehler war schlimmer. Sturm trat am 1. September 2012 gegen Solimans Landsmann Daniel Geale an, obwohl eine Erkrankung ihn in der Vorbereitung derart mitgenommen hatte, dass er physisch nicht bereit für die zwölf Runden war. Sturm verlor den Kampf nach Punkten, umstritten zwar, aber sein WBA-Superchampion-Titel war weg, und weil in Deutschland nur Sieger geliebt werden, steht der Sohn bosnischer Einwanderer nun unter dem Druck des Gewinnenmüssens. Auch wenn er selbst abwiegelt und sagt, "dass ich als mein eigener Promoter bei jedem Kampf unter Druck stehe" - Sdunek spürt die Anspannung. "Das ist ein besonderer Kampf, denn eine weitere Niederlage wäre extrem hart", sagt er.

Der Coach hatte die Vorbereitung auf Geale größtenteils verpasst, da er seinen Schwergewichtschampion Vitali Klitschko für dessen WM-Kampf in Moskau eine Woche später fit machen musste. Er erfuhr erst bei der Erwärmung, also kurz vor dem Einmarsch in die Halle, von Sturms gesundheitlichen Problemen. "Ich habe Felix nach dem Kampf klar gesagt, dass das nicht geht. Das Risiko ist viel zu hoch", sagt er. Die Sorge, durch eine Absage der eigenen Veranstaltung finanziellen Schaden zu erleiden, dürfe nicht dazu führen, die Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

Sturm gibt sich geläutert. "Ich habe verstanden, dass ich mich stärker aus der Arbeit mit meiner Firma herausziehen und mehr auf mich aufpassen muss", sagt er. Schon öfter hat er Fehler eingestanden und bewiesen, dass er in der Lage ist, sie abzustellen. Das Problem ist, dass er stets dafür gut ist, neue Fehler zu machen. So wie vor zwei Monaten, als er den Weltverband WBA nach einem umstrittenen Urteil gegen die in seinem Stall kämpfende Hamburger Fliegengewichtlerin Susi Kentikian in die Nähe der Bestechlichkeit rückte.

Der Kampf gegen Soliman findet nun unter der Ägide der IBF statt. Die Kooperation mit einem anderen Verband ist ein Puzzleteil im Neuanfang, den das Duell markieren soll. Siegt Sturm, was alle Experten wegen seiner technischen Vorteile erwarten, dann wäre er Pflichtherausforderer für den IBF-Champion. Der heißt Daniel Geale und hat einem Rückkampf bereits zugestimmt. Verliert Sturm jedoch, muss er auf die Gnade anderer hoffen, ihn als WM-Herausforderer zu akzeptieren. Für einen wie ihn, der sich auch ohne Titel als Champion fühlt, wäre das die schlimmste Strafe.