Sieben Jahre nach Aufdeckung des Skandals ist der Prozess gegen den Mediziner eröffnet worden. Auch Contador ist als Zeuge geladen.

Madrid. Eufemiano Fuentes war ein gefragter Mann. Der spanische Arzt konnte sich vor der Tour de France 2006 der Anfragen namhafter Radprofis kaum erwehren. Bei seiner Festnahme am 23. Mai 2006 verfügte er über ein Dutzend Handys. Dann schlugen die Ermittler zu, in zwei Labors stellte die Polizei Dopingmittel und mehr als 200 Beutel mit Blut und Blutplasma sicher. Und Fuentes wurde zum Gesicht des größten Dopingskandals in der spanischen Sportgeschichte. Seit diesem Montag steht der 57-Jährige als Hauptangeklagter vor Gericht. Zu Prozessbeginn wurden Verfahrensfragen unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt. Mehrere Profis sind in dem Prozess als Zeugen geladen, darunter der zweimalige Tour-de-France-Sieger Alberto Contador und Ivan Basso.

Fuentes‘ Methoden waren bei den Radsportlern gefragt: Für viel Geld erwarb Fuentes eine Zentrifuge und Apparaturen, die es erlaubten, Blut in einem Spezialverfahren einzufrieren – oder es „nach Sibirien zu schicken“, wie es nach einem Zeitungsbericht im internen Jargon hieß.

Fuentes hatte die Blutbeutel fein säuberlich beschriftet, allerdings nicht mit den Namen von Sportlern, sondern mit Code-Bezeichnungen, die die Ermittler erst nach und nach dechiffrieren konnten. Die Aufdeckung des Skandals brachte mehr als 50 Radprofis in Dopingverdacht, darunter Stars wie Jan Ullrich, Basso oder Tyler Hamilton.

„Mir als Arzt geht es darum, die Gesundheit meiner Patienten zu schützen“, rechtfertigte Fuentes sich damals in einem Interview mit dem Radiosender „Cadena SER“. „Der Hochleistungssport ist nicht gesund, denn er überfordert den menschlichen Körper. Man muss zu Medikamenten greifen, um angerichtete Schäden zu beheben.“

Fuentes hatte sich nach dem Medizinstudium auf Gynäkologie spezialisiert, sich aber bald der Sportmedizin zugewandt. Sein Interesse galt zunächst der Leichtathletik, denn als Student war er spanischer Hochschulmeister im 400-m-Hürdenlauf gewesen. Seine Frau Cristina Pérez, eine erfolgreiche Sprinterin, wurde einmal positiv auf Doping getestet. Der Test wurde aber später für ungültig erklärt.

Ende der 80er Jahre kam Fuentes zum Radsport. Aufgrund der Erfolge seiner Schützlinge wurde er bald von mehreren Profi-Teams umworben. Seine Methode der Transfusion von Eigenblut war innovativ, und der Kampf gegen das Doping steckte damals noch in den Kinderschuhen.

Nach der Aufdeckung des Dopingskandals zog sich Fuentes auf seine Heimatinsel Gran Canaria zurück und verschwand praktisch aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. In den Medien wurde darüber spekuliert, ob der Arzt auch Fußballer und Profis anderer Sportarten zu seinen Kunden gezählt hatte. Fuentes selbst gab nie Namen preis. „Das ist ein Berufsgeheimnis“, sagte er einmal.

Auf Gran Canaria hatte der Name Eufemiano Fuentes vor mehr als drei Jahrzehnten schon einmal für Schlagzeilen gesorgt. Ein Onkel, der genauso hieß wie der Mediziner und ein erfolgreicher Tabakproduzent war, wurde 1976 gekidnappt und ermordet.