Der Etat des Volleyballteams sinkt um 300.000 Euro. Trainer Staelens steht vor dem Abschied. Heute Abend geht es gegen den USC Münster.

Hamburg. Am Montagabend war für Spielerinnen, Funktionsteam und Helfer des Volleyballteams Aurubis die Welt wenigstens für ein paar Stunden in Ordnung. Der Klub hatte zum Neujahrsempfang ins Cinemaxx-Kino nach Harburg geladen. Die Komödie "Jesus liebt dich" wurde gezeigt, anschließend stand man gemütlich zum Pastaessen beisammen. Die Laune war gut, und das war wichtig, denn viel Anlass zu guter Laune hatten die sportlichen Leistungen zuletzt nicht gegeben. Und angesichts der Zukunftsaussichten, die dem wichtigsten Sportteam des Hamburger Süderelberaums drohen, könnten Feiertage ein rares Gut werden.

Einen Abend nach dem Kinobesuch stellte Manager Helmut von Soosten den Gremien des Vereins ein Konzept für die nächsten Jahre vor. In den Kernpunkten bedeutet das Papier einen Abschied vom aktuellen Ziel, um die deutsche Meisterschaft und den Pokalsieg mitzuspielen. Hintergrund der sportlichen Selbstbeschränkung ist die Reduzierung des finanziellen Engagements des Hauptsponsors und Namensgebers Aurubis. Der weltgrößte Kupferrecycler will seinen Einsatz zur Spielzeit 2013/-14 um rund 30 Prozent kürzen, das Projekt mittelfristig aber weiter unterstützen. Der Etat dürfte damit in der nächsten Saison um rund 300.000 auf etwa eine halbe Million Euro sinken, weil auch ein weiterer wichtiger Geldgeber sich zum Teil zurückziehen will.

Aurubis hatte diesen Einschnitt vor einem Jahr angekündigt. Von Soosten war damals guter Hoffnung, die Lücke mithilfe neuer regionaler Sponsoren schließen zu können. Am Montag aber sagte er: "Derzeit sieht es nicht so aus, dass wir die Ausfälle kompensieren können." Dass Aurubis einen Rückzieher vom Rückzug machen könnte, hält der Manager für ausgeschlossen.

Welche Konsequenzen das Etatloch haben wird, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. "Können wir keine neuen Einnahmen akquirieren, müssen wir prüfen, ob wir mit vier Vollzeitkräften weitermachen können", sagt von Soosten. Das sind neben ihm Geschäftsstellenleiter Christian Beutler, Cheftrainer Jean-Pierre Staelens und dessen Assistent Sebastian Leipold, der auch das Zweitligateam betreut. Am Saisonende laufen alle Verträge von Spielerinnen und Trainerstab aus, nur von Soosten ist noch bis Mitte 2014 an den Verein gebunden.

Vor allem die Personalie Staelens wird intern diskutiert. Der 57 Jahre alte Niederländer sei zu teuer für den neuen Sparkurs, heißt es. Staelens selbst hatte jüngst gemutmaßt, in der kommenden Saison nicht mehr in Hamburg tätig zu sein. Von Soosten bestätigte diese Einschätzung. Im Verein und der Mannschaft stößt vor allem das öffentliche Lamento des Coachs über aus seiner Sicht nicht ausreichende Transferaktivitäten sauer auf. "Es ist unschön, wenn wir lesen müssen, dass der Trainer andere Spielerinnen haben wollte", sagt Spielführerin Imke Wedekind.

Staelens hatte nach dem monatelangen Ausfall der Zuspielerin Femke Stoltenborg mehrfach Ersatz angemahnt. Außerdem vertritt er die Meinung, dass mehr Geld investiert werden müsse, wenn der Klub wie gefordert in die Ligaspitze vorstoßen wolle. "Wir sind nicht die Millionäre, für die uns viele halten. Unser Etat ist im Mittelfeld der Liga angesiedelt. Die Spielerinnen, die wir vor Saisonbeginn verpflichten wollten, weil wir glaubten, dass sie uns weiterbringen, konnten wir nicht bezahlen. Sie haben dann bei der Konkurrenz unterschrieben." Mit Zuspielerin Kim Staelens, der Tochter des Trainers, und Hauptangreiferin Lousiane Souza Ziegler hatten nach der vergangenen Spielzeit die beiden wichtigsten Spielerinnen den Klub verlassen.

Von Soosten teilt die Ansicht nicht, dass mehr Geld mehr Erfolg bringt. "Meine Philosophie ist das nicht", sagt der 48-Jährige, "wer schnellen Erfolg kaufen will, ist genauso schnell weg vom Fenster." Vielmehr müsse man künftig auf die Strukturen bauen, die seit eineinhalb Jahren im Nachwuchsbereich geschaffen wurden, auf die begonnenen Kooperationen mit Schulen und die Talentsichtung in Norddeutschland. "Wir werden auch unter den neuen finanziellen Begebenheiten in der Bundesliga konkurrenzfähig bleiben, mehr aber vorerst nicht. Wenn unsere Fördermaßnahmen greifen, wir aus der eigenen Jugend Bundesligaspielerinnen rekrutieren, könnte sich das ändern", sagt er. Im Klartext bedeutet dies: Das Mittelmaß wird auf Jahre festgeschrieben.

Der Aurubis AG dürfte die Entwicklung kaum gefallen. Dass das Unternehmen, das 2003 als Unterstützer die Kooperation mit dem TV Fischbek aufnahm und seit 2006 als Hauptsponsor agiert, weiter auf den sportlichen Höhenflug der Bundesliga-Frauenmannschaft wartet, beginnt die Zusammenarbeit zu belasten. Aus der Konzernzentrale auf der Peute waren in den vergangenen Wochen und Monaten wiederholt kritische Töne zu hören. Vorstandsmitglied Dr. Michael Landau verweigerte am Montagabend indes ein klares Statement. "Die Saison ist bislang nicht zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelaufen", sagte er nur. Auch der Zuschauerrückgang bereitet Sorgen. Der Schnitt fiel von 1300 in der vergangenen Spielzeit auf 900 in der laufenden. Ziel waren einmal 1500 bis 1800.

Am Mittwoch im ersten Heimspiel des Jahres gegen den USC Münster (20 Uhr, CU-Arena, S-Bahn Neugraben) will die Mannschaft den Trend drehen. Der Meisterschaftsmodus lässt dem Tabellenneunten alle Chancen, selbst der zehnte Rang reicht, um sich für die Pre-Play-offs zu qualifizieren. "Ich bin weiter fest davon überzeugt, dass wir die Qualität haben, mindestens Sechster zu werden", sagt Imke Wedekind.