Deutsche enttäuschen in Garmisch-Partenkirchen, Norweger Jacobsen schafft zweiten Tourneesieg

Garmisch-Partenkirchen. Ein Aufschrei ging durchs Publikum. Nur kurz, aber dafür umso lauter. Dann schwiegen die 20.500 Zuschauer beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen - vor Schreck und aus Angst um Anders Jacobsen. Der Überraschungssieger des Auftaktwettbewerbs hatte nach dem Absprung das Gleichgewicht verloren, jetzt taumelte er gefährlich instabil durch die Luft. Ein brachialer Sturz auf den Hang schien nur noch eine Frage von Hundertstelsekunden. Der Norweger nutzte seine Arme als Flügel, erst den rechten, dann den linken, versuchte wieder ins ruhige Fliegen zu kommen. Und Jacobsen schaffte das Unglaubliche: Er verhinderte nicht nur einen Sturz, sondern sprang noch auf Platz neun des ersten Durchgangs.

Am Ende, nach dem zweiten Sprung, war der 27-jährige Norweger sogar noch am Österreicher Gregor Schlierenzauer vorbei auf Platz eins gesprungen und hatte mit seinem zweiten Tagessieg bei der Vierschanzentournee die Chance auf seinen zweiten Gesamterfolg nach 2007 gewahrt.

Anders sieht es bei Severin Freund aus. Der Mitfavorit aus Deutschland zeigte in Garmisch überraschende Schwächen und landete nur auf Platz 15. "Ich konnte mich mit dieser Schanze nicht anfreunden", sagte er. Der Gesamtsieg scheint damit außer Reichweite. Spannend bleibt aber die Tournee weiterhin, denn ein Podiumsplatz ist für den 24-Jährigen als derzeit Gesamtfünftem weiterhin möglich. Außerdem wollen sich die Deutschen nach einem durchwachsenen Auftritt in Garmisch-Partenkirchen doch noch ihren Traum von einem Einzelsieg bei der Traditionsveranstaltung erfüllen. Nach einer bisher überragenden Saison des gesamten deutschen Teams war das Neujahrsspringen nicht nur für Freund ein kleiner Dämpfer. "Es ist schon ein bisschen enttäuschend, dass wir heute in der Spitze nicht mitgekommen sind", sagte Bundestrainer Werner Schuster. Als bester Deutscher sprang der 17 Jahre alte Andreas Wellinger auf Rang neun. Martin Schmitt, doppelt so alt, war wie schon in Oberstdorf die große Überraschung des deutschen Teams. Während ihn viele schon längst abgeschrieben hatten, landete er nach einem starken ersten Durchgang (Platz sieben) noch vor Severin Freund auf Rang 14. Überzeugen konnte auch Andreas Wank als Elfter.

Freunds Leistung hatte sich schon am Vortag bei der Qualifikation und dann beim Probetraining angekündigt. Ihm fehlte die Leichtigkeit im Sprung, stattdessen musste er arbeiten, versuchte alles, um mit der Schanze doch noch Freundschaft zu schließen. Bundestrainer Schuster stellte fest: "Severin hat nie seine Stärke, seinen tollen Absprung hingekriegt. Wir müssen heute leider Abstriche machen."