Mike Dietz, Torhüter vom ETV, will bei der WM auf sich und seine Trendsportart aufmerksam machen

Hamburg. Hinterher wird er heiser sein - wie nach jedem Spiel. Mike Dietz reicht es nun einmal nicht, hinten zu knien und zu warten, was auf ihn und sein kleines Tor zukommt. Er will Einfluss darauf nehmen, was auf dem Feld passiert. Das wäre am Sonntag auch nicht anders, wenn der 22-Jährige vom Eimsbütteler TV wie erhofft erstmals bei einer Floorball-WM das deutsche Tor bewachen darf. Aber was heißt hier darf? "Alles andere als eine WM-Nominierung hätte mich überrascht", sagt Dietz, und man sucht sein Gesicht vergeblich nach einem Schmunzeln ab.

Ihm ist es ernst mit seinem jungen Sport. Er will das viele Training ja nicht umsonst investiert haben, auch nicht die 1000 Euro, die jeden deutschen Spieler die Teilnahme an dem Turnier in der Schweiz kostet. Und Dietz weiß, was er kann: an guten Tagen die Gegner entnerven.

Etwa 30 Schüsse bekommt er pro Spiel aufs Tor, manche 200 km/h schnell. Einen Schläger hat er nicht, was alle irritiert, die Floorball noch für eine studentische Hockeyvariante halten. Die Verwechslungen sind seltener, seit der alte Name Unihockey 2009 verworfen wurde. Tatsächlich ähnelt das Spiel mehr dem Eis- als dem Hallenhockey, nur körperlos. Es ist in Drittel à 20 Minuten unterteilt. Der Ball, 23 Gramm leicht, darf den Fuß berühren, mit beiden Schlägerseiten und hinterm Tor gespielt werden. Auch dass die fünf Feldspieler im 45-Sekunden-Takt wechseln, ist so eine Anleihe.

Nur der Torwart steht immer da, besser: Er kniet. So kann Dietz mehr Fläche abdecken und die Spannweite seiner 1,93 Meter ausnutzen. Er ist die Konstante in diesem Sport, der wichtigste Mann. "Mike ist ein willensstarker Torhüter, der das Spiel von hinten lenkt", sagt John Bracker, der sportliche Leiter des ETV, der Dietz' Entwicklung seit den Anfängen vor zehn Jahren verfolgt. Mitunter könne die Charakterstärke in Eigensinn ausarten, aber das hätten Torhüter so an sich.

"Letztlich sind wir Einzelsportler", sagt Dietz. Hinter ihm ist keiner, der Fehler ausbügeln könnte. Sie sind allerdings bei ihm auch so selten, dass der ETV in der Bundesliga fast gleichauf liegt mit Serienmeister Weißenfels. Mit den Erfolgen wächst die Floorball-Fangemeinde stetig, wie auch die Zahl der Aktiven. 10 000 sind es in Deutschland, die meisten sind unter 18 Jahren. Mittelfristig will der selbst ernannte Trendsport sogar olympisch werden.

Wäre Floorball überall so populär wie in Schweden, wäre es längst so weit. Dort werden Partien im Fernsehen übertragen, Topspieler können mit "Innebandy", wie Floorball dort heißt, den Lebensunterhalt bestreiten. Dietz will seine Karriere und sein Maschinenbaustudium 2013 in Schweden fortsetzen. Auch dafür will sich der große Blonde mit den schwarz-weißen Handschuhen bei der WM empfehlen. Und das ist sein voller Ernst.