Thomas Tuchel will auch gegen Dortmund nicht von offensiver Verteidigung abrücken – „Reus und Götze sorgen für Wettbewerbsverzerrung“. Verfolgen Sie das Spiel hier im Liveticker.

Mainz. Thomas Tuchel zählt zu den Trainern, die gerne das Wort Identität in den Mund nehmen. Er legt großen Wert darauf, dem Spiel von Bundesligist Mainz 05 einen eigenen Charakter zu geben, eine Art Marke zu verpassen, anhand derer es stets zu erkennen ist. Während es in den zurückliegenden Spielzeiten oft um die von Tuchel im deutschen Fußball salonfähig gemachten Matchpläne ging, hat sich Mainz 05 in dieser Saison von diesen emanzipiert, ist erwachsen geworden. Das Spiel am heutigen Sonnabend (15.30 Uhr) gegen Meister Borussia Dortmund wird dafür laut Tuchel „der höchste Prüfstand sein, den es gibt.“

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Gegen die von Jürgen Klopp trainierten Dortmunder will sich der 39-jährige Tuchel mit seinem Team nicht auf die Anpassung an den Gegner reduzieren: „Wir wollen so offensiv verteidigen wie möglich“, sagte Tuchel. Er schränkte jedoch auch ein: „In dem vollen Bewusstsein, dass nicht alles zu verteidigen ist, was die anstellen. Aber devot sind wir sicherlich nicht.“ Mainz wolle auch gegen den BVB mit aggressiver Verteidigung und hoher Laufleistung antreten. Das Problem: „Die erschrecken dabei nicht. Im Gegenteil, Dortmund nimmt so ein Spiel an.“

„Wir haben Ansätze, wie wir ihnen wehtun können“

Wenn Tuchel dieser Tage von der Mainz-zentrierten Spielplanung abrückt, dann muss es dafür schon einen besonderen Grund geben: So wie zuletzt die von vielen Seiten als geradezu überirdisch betitelte Stärke des FC Bayern München. In der Arena trat Mainz in Halbzeit eins vergleichsweise defensiv auf. Das Experiment war weder von Erfolg gekrönt (man lag zur Halbzeit 0:2 hinten), noch hat es dem Trainer gefallen: „Der erste, der die Nerven verliert, ist der Trainer. Wenn der Gegner die ganze Zeit in unserer Hälfte steht? Das pack' ich nicht“, sagte Tuchel.

In München stellte er daher nach der Pause auf die für Mainz in der Saison typische „hohe Verteidigung“ um und es lief besser (1:1 in Halbzeit zwei). Der Stärke des kommenden Gegners ist er sich aber vollends bewusst: „Dazu brauchte ich aber nicht noch das Spiel gegen Amsterdam (Dortmund gewann 4:1), das wussten wir schon vorher“, sagte Tuchel und ergänzte: „Dortmund und Bayern sind das Maß aller Dinge in einer Liga, die sicherlich momentan die stärkste in ganz Europa ist.“ Und die Kombination von Marco Reus und Mario Götze grenze „beinahe an Wettbewerbsverzerrung“, scherzte Tuchel.

Tuchel hat gute Laune, was sicher nicht nur an Platz acht und 17 Punkten in der Tabelle liegt. Er hat auch beim BVB „theoretische Ansätze“ ausgemacht, „wie wir ihnen wehtun können.“ Aber die habe man früher auch schon nicht ausspielen können, „weil einem immer ein Gelber auf den Füßen stand.“ Bei aller Planung setzt Tuchel zudem noch auf einen anderen Faktor: „Eine Chance liegt darin, dass der Zufall im Fußball immer mitspielt und die bessere Mannschaft nicht zwangsläufig gewinnt.“

Lutz Michael Fröhlich, Abteilungsleiter Schiedsrichter beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), hat unterdessen Klopps Vorgänger Jürgen Klopp von Meister Borussia Dortmund für sein emotionales Verhalten an der Seitenlinie kritisiert. Der frühere FIFA-Unparteiische warf Klopp vor, ein schlechtes Vorbild abzugeben und Respektlosigkeiten gegen Schiedsrichter im Amateurbereich zu fördern.

„Auch wenn der Trainer Klopp sich hinterher immer hinstellt und sagt: 'es tut mir leid', am Ende ist es so: es bleibt immer irgendetwas hängen. Das Verhalten, was da zum Teil an den Tag gelegt wird, hat so ein aggressives Potenzial, dass daraus gewaltsame Exzesse entstehen können“, sagte Fröhlich im Deutschlandradio.

Klopp war in der Vergangenheit mehrfach mit vierten Offiziellen verbal aneinandergeraten. 2010 legte sich der Coach im Spiel gegen den Hamburger SV mit Stefan Trautmann an, Ende September war Klopp beim Gastspiel bei Eintracht Frankfurt (3:3) in der Nachspielzeit zu Guido Kleve gelaufen und hatte diesen angeschrien. In beiden Fällen war Klopp zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke wies die Vorwürfe entschieden zurück. „Starker Tobak und in meinen Augen völlig daneben, weil hier Äpfel mit Birnen verglichen werden“, sagte Watzke der Bild-Zeitung. Dortmund führe seit Jahren in der Fairness-Tabelle, „dafür ist in erster Linie unser Trainer verantwortlich.“ Klopp sei engagiert und impulsiv, aber „nicht aggressiv“.

Die Aufstellungen

Mainz: 29 Wetklo - 3 Pospech, 2 Svensson, 4 Noveski, 8 Zabavnik - 14 Baumgartlinger - 6 Marco Caligiuri, 25 Ivanschitz, 19 Soto - 27 Nicolai Müller, 28 Szalai. - Trainer: Tuchel

Dortmund: 1 Weidenfeller - 26 Piszczek, 4 Subotic, 15 Hummels, 29 Schmelzer - 8 Gündogan, 6 Sven Bender - 16 Blaszczykowski, 10 Götze, 11 Reus - 9 Lewandowski. - Trainer: Klopp

Schiedsrichter: Knut Kircher (Rottenburg)

Zuschauer: 34.000 (ausverkauft)