Das Karriereende ist nicht mehr weit. Vor seinem viertletzten Rennen wird Michael Schumacher eine besondere Ehre zu Teil.

Neu-Delhi. Die zehn Zentimeter lange Schürfwunde unter seinem linken Knie sieht böse aus, doch Michael Schumacher stört sich nicht weiter daran. „So ein bisschen Schürfwunde vom Fußball haben wir doch alle schon mal gehabt“, sagt er gut gelaunt: „Und es gab auch kein Revanchefoul - also leider keine Schlagzeile.“

Der 43 Jahre alte Rekordweltmeister wirkt entspannt, ja fast ein bisschen erleichtert, seit er seinen zweiten und diesmal endgültigen Rücktritt aus der Formel 1 erklärt hat. Dass er etwas hinterlassen wird in der Königsklasse des Motorsports ist klar. „Wenn nicht, hätte ich etwas falsch gemacht“, sagte Schumacher schmunzelnd in einem Welt-Interview. Ein Zeichen dafür wird in einigen Jahren deutlich sichtbar sein.

Denn nahe Indiens Hauptstadt Neu-Delhi, wo Schumacher am Sonntag das viertletzte Rennen seiner großen Karriere bestreitet, wird der „Michael Schumacher World Tower“ entstehen. Ein 34 Stockwerke hohes Gebäude aus Glas, in dem bis zu 1800 Quadratmeter große Luxus-Appartments entstehen. Schumachers Managerin Sabine Kehm bestätigte einen entsprechenden Bericht des Kölner Express. Das weltweite Interesse am siebenmaligen Weltmeister sei durch die Rücktrittsankündigung keineswegs gebrochen, „im Gegenteil, es ist fast noch mehr geworden“, erklärt Kehm.

In Indien, diesem 1,2 Milliarden Einwohner schweren Land, ist die Verehrung für die Person Michael Schumacher besonders stark zu spüren. „Die Begeisterung der Menschen ist unglaublich groß“, berichtet Schumacher. Es ist aber vor allem die Begeisterung für den siebenmaligen Champion, auch wenn diese durch sein insgesamt missglücktes Comeback etwas gelitten hat. „Michael Schumacher ist und bleibt in Indien der prominenteste Fahrer der Formel 1“, sagt eine indische Journalistin: „Aber vor einigen Jahren war er schlicht und ergreifend ein Gott. In den vergangenen drei Jahren haben auch die Inder gemerkt, dass er menschlich ist.“

Doch Schumacher selbst ist mit sich im Reinen und bereut es nicht, 2010 noch einmal für drei Jahre zurückgekehrt zu sein. Als „in Anführungsstrichen gelungen“ bezeichnet er sein Comeback. „Die letzten drei Jahre waren manchmal hart“, sagt er: „Wir haben die Erwartungen, um den Titel mitzufahren, als Team nicht erfüllt. Dafür wurden wir kritisiert, und das müssen wir akzeptieren.“

Niemand habe ihm gesagt, dass er besser aufhören solle, berichtet der 43-Jährige, er habe „eine Menge Optionen“ zur Fortsetzung der Karriere gehabt und sich mit einem sofortigen Rücktritt auch nie beschäftigt. „Dafür gibt es Verträge“, erklärt er, „und es wäre auch nicht meine Art, so etwas vorzeitig abzubrechen.“

Sein Karriereende sei diesmal aber auf jeden Fall endgültig, was danach kommt, ist noch fern. „Fahren bis zum Saisonende und dann schauen, was ich mache“, antwortet er auf die Frage nach seinen Zukunftsplänen. Konkrete Gedanken habe er sich bewusst noch nicht gemacht, lieber will er die letzten fünf Wochen in dem „Sport, den ich so liebe“ genießen. „Ich will noch nicht nachdenken“, sagt Schumacher: „Dafür habe ich nach der Saison noch genug Zeit.“

Das Jahr 2012 an sich war trotz der Pole Position in Monaco als Höhepunkt insgesamt zu oft kein Genuss, auch Spott musste Schumacher über sich ergehen lassen. „In Suzuka, wo ich meinen Rücktritt bekannt gegeben habe, wollte ich eigentlich mit so einem Blindenstock kommen“, hatte er der Welt gesagt: „Als Anspielung auf all die Fragen, ob ich eine Brille brauche, nachtblind sei und so weiter. Im Ernst: Ich konnte irgendwann nur noch darüber lachen.“

Nun glaubt er ein bestelltes Feld hinterlassen zu haben. Und er sieht würdige Nachfolger. Lewis Hamilton bei Mercedes („Eine kluge und gute Entscheidung, ihn zu holen“) und natürlich Sebastian Vettel als künftigen Rekordweltmeister. „Als Fangio zum fünften Mal Weltmeister wurde, hat auch niemand gedacht, dass dies irgendwann verbessert wird“, sagt er: „Rekorde werden aber gebrochen, irgendwann, durch irgendwen. Und ich wäre sehr froh, wenn es Sebastian wäre, der irgendwann meinen Rekord schafft.“ Michael Schumacher hat gelernt, loszulassen.