Die Borussia spielte stark, hatte Chancen in Hülle und Fülle. Ein ganz bitteres Ende. Schalke nutzte sogar eine Überzahl nichts.

Manchester/Gelsenkirchen. Mario Balotelli hat Borussia Dortmund den schon sicher geglaubten ersten Auswärtssieg in der Champions League seit neun Jahren vermasselt. Kurz vor Schluss verwandelte der italienische Nationalstürmer einen Handelfmeter zum 1:1-Ausgleich für Manchester City. Zuvor hatte Deutschlands Fußballer des Jahres, Marco Reus, den Doublesieger am Mittwochabend beim englischen Meister in Führung geschossen. Manchester City bleibt damit auch im 18. Spiel in Folge in einem Europapokalheimspiel ungeschlagen.

Damit steht Dortmund mit vier Zählern auf dem zweiten Platz der Gruppe D hinter dem nächsten Gegner Real Madrid, der sich bei Ajax durchsetzte und am 24. Oktober in Dortmund gastiert. 2003 verabschiedete man sich mit einem 1:0 beim AC Mailand aus der Königsklasse, in der vergangenen Saison hatte die Mannschaft von Jürgen Klopp alle drei Auswärtsspiele bei Olympique Marseille, bei Olympiakos Piräus und beim FC Arsenal verloren. Der Scheich-Klub liegt mit einem Punkt nur auf Rang drei.

Klopp brachte erwartungsgemäß Torjäger Robert Lewandowski zurück in die Startformation. Der polnische Nationalspieler hatte beim 5:0 gegen Borussia Mönchengladbach Julian Schieber Platz machen müssen. Überraschend war jedoch die Hereinnahme von Sven Bender für Kapitän Sebastian Kehl. Für Bender, der mit Ilkay Gündogan vor der Abwehr spielte, war es nach seiner Rückkehr nach einer Leisten-Operation der erste Einsatz in dieser Saison von Beginn an.

Auf der Gegenseite ließ Roberto Mancini den italienischen Stürmerstar Mario Balotelli, dessen beiden Tore im EM-Halbfinale das Aus für Deutschland bedeuteten, zunächst draußen. Dafür stand der ehemalige Wolfsburger Edin Dzeko beim Anpfiff von Schiedsrichter Pavel Kralovec auf dem Platz. Es entwickelte sich trotz ordentlicher Regenschauer eine hochklassige Begegnung mit zahlreichen hochkarätigen Chancen auf beiden Seiten, in der der ehemalige Dortmunder Shinji Kagawa und Manchester Uniteds Teammanager Alex Ferguson im City of Manchester Stadium bestens unterhalten wurden. Beide Torhüter Joe Hart und Roman Weidenfeller hielten zudem herausragend. Weidenfeller, der schon den Grundstein für den Sieg gegen Amsterdam gelegt hatte, verhinderte dreimal gegen Diego Maradonas Schweigersohn Sergio Agüero (8., 27. Und 35. Minute) und einmal gegen Samir Nasri (1.) mögliche Rückstände. In die Vorbereitung dieser Situationen war immer der bärenstarke Welt- und Europameister David Silva involviert.

Die 35.000 Zuschauer, darunter 3.000 Dortmunder, waren begeistert. Und Dortmund hielt dagegen. Mario Götze hätte die Borussia dreimal in Führung bringen müssen, zweimal hatte er mit einem Pfosten- (12.) und einem Lattentreffer (39.) Pech. Einmal scheiterte der 20 Jahre alte Nationalspieler freistehend an Hart, der auch in der Nachspielzeit einen Schuss des durchgebrochenen Gündogan parierte. Kurz davor hatte dann auch Dortmund Glück, als Silva aus drei Metern den Ball nicht im leeren Tor unterbringen konnte (45.).

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Nach dem Wechsel ging Dortmund weiter forsch zur Sache. Götze scheiterte erneut an Hart (54.). Und dann griff der bis dahin unauffällig Reus einen Fehlpass des eingewechselten Jack Rockwell auf, rannte alleine auf Hart zu und überwand den englischen Nationalkeeper mit einem Schuss in die lange Ecke. Gegen Gladbach hatte Reus zweimal getroffen und brilliert. Er hätte wenig später wieder treffen können (65.). Genauso wie Gündogan, der an Hart scheiterte. Lewandowski brachte den Ball wenig später nicht im Tor unter. Der starke Mats Hummels musste in der 74. Minute angeschlagen vom Platz, für ihn kam Felipe Santana. City-Teammanager Mancini brachte dann noch als letzte Waffe Balotelli und dieser besorgte in der 90. Minute nach einem Handspiel von Subotic per Handelfmeter den umjubelten Ausgleich.

Draxler, der tragische Held

Fußball-Bundesligist Schalke 04 hat in der Champions League eine Vorentscheidung um den Einzug ins Achtelfinale fahrlässig vergeben. Die Königsblauen mussten sich trotz einer 2:1-Führung in Überzahl mit einem bitteren 2:2 (1:1) gegen den französischen Meister HSC Montpellier begnügen.

Souleymane Camara (90.) bestrafte in der hektischen Schlussphase die Schalker Nachlässigkeit. Zuvor hatte der tragische Held Julian Draxler die Königsblauen vom zweiten Sieg im zweiten Gruppenspiel träumen lassen. Der 19-Jährige erzielte nicht nur nach dem frühen Rückstand den Ausgleich (26.). Der Jung-Nationalspieler holte auch den Foulelfmeter heraus, den Torjäger Klaas-Jan Huntelaar zur zwischenzeitlichen Führung nutzte (53.). Zuvor hatte Karim Ait-Fana (13.) die Franzosen in Führung gebracht.

Draxler wurde aber zum tragischen Helden, nachdem er sich in den Strafraum gedribbelt hatte, erlitt er beim Foul durch Garry Bocaly einen Bruch am linken Unterarm. Bocaly sah die Rote Karte, Draxler musste mit schmerzverzerrtem Gesicht und dick bandagiertem Handgelenk vom Feld getragen und ins Krankenhaus gebracht werden.

Mit vier Punkten aus den ersten beiden Gruppenspielen haben die Königsblauen aber immer noch gute Chancen, zum dritten Mal in der Klubgeschichte das Achtelfinale in der Königsklasse zu erreichen. In der nächsten Partie am 24. Oktober beim FC Arsenal geht es um die Tabellenführung.

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Fünf Tage nach dem ärgerlichen 2:2 beim Bundesliga-Aufsteiger Fortuna Düsseldorf begannen die Schalker extrem vorsichtig. Die Gäste kontrollierten das Spiel und ließen den Ball fast ungestört durch ihre Reihen laufen. Das 1:0 durch Ait-Fana, der von der Strafraumgrenze in den Winkel traf, war die logische Folge der Schalker Passivität.

Erst danach wachten die Gastgeber auf. Draxler gab die ersten Schüsse aufs Tor ab, blieb aber erfolglos (15./19.). Torjäger Klaas-Jan Huntelaar übersah den mitgelaufenen Teemu Pukki (22.). Besser klappte es vier Minuten später: Huntelaar setzte Draxler mit einem Steilpass in Szene, der Jungstar spielte Montpelliers Torwart Geoffrey Jourdren aus und erzielte mit seinem ersten Champions-League-Tor den Ausgleich.

Immer wenn Schalke das Tempo anzog, verlor der Tabellen-13. der Ligue 1 seine Ordnung - und die Gastgeber kamen zu Chancen. So scheiterte Pukki an Jourdren (47.). Vor dem 2:1 dribbelte sich Draxler in den Strafraum und wurde von Bocaly von den Beinen geholt. Huntelaar, der beim 2:1 bei Olympiakos Piräus vom Elfmeterpunkt noch gescheitert war, traf diesmal sicher. Es war im 22. Europapokalspiel für die Gelsenkirchener das 19. Tor des Niederländers.

Pech hatte Huntelaar mit einem Volleyschuss, den Jourdren glänzend parierte (65.). Trotz der Unterzahl blieb Montpellier in der Folge im Vorwärtsgang und drängte auf den Ausgleich. Schalke wirkte in der Phase nach der Verletzung von Draxler hingegen geschockt - und wurde am Ende mit dem Ausgleich verdient bestraft.

Huub Stevens, der seit einem Jahr wieder Trainer auf Schalke ist, krempelte seine Mannschaft gegenüber dem Düsseldorf-Spiel gleich auf vier Positionen um. Innenverteidiger Joel Matip, Mittelfeldspieler Tranquillo Barnetta und Offensiv-Allrounder Ibrahim Afellay mussten auf die Bank, US-Nationalspieler Jermaine Jones fiel wegen einer Sprunggelenksverletzung aus.

In die Anfangself rückten Atsuto Uchida in der Abwehr, Marco Höger und Draxler im Mittelfeld sowie überraschend Pukki im Sturm. Für den Finnen war es der erste Saisoneinsatz von Beginn an. Flügelflitzer Jefferson Farfan, der nach seinem Innenbandanriss im Sprunggelenk erst am Dienstag erstmals wieder trainiert hatte, saß zunächst auf der Bank, wurde aber in der 66. Minute aber für Pukki eingewechselt.

Neben dem überragenden Draxler verdiente sich Torjäger Huntelaar die beste Note bei den Schalkern. Bei Montpellier gefiel neben Torhüter Jourdren Außenstürmer Remy Cabella.

Die Statistiken

Manchester: 1 Hart - 5 Zabaleta, 4 Kompany, 33 Nastasic, 22 Clichy (ab 81. Balotelli) - 14 Garcia (ab 34. Rodwell), 42 Toure - 21 Silva, 8 Nasri (ab 57. Kolarov) - 10 Dzeko, 16 Agüero. - Trainer: Mancini

Dortmund: 1 Weidenfeller - 26 Piszczek, 15 Hummels (ab 74. Santana), 4 Subotic, 29 Schmelzer - 10 Götze (ab 88. Kehl), 11 Reus, 6 Sven Bender, 16 Blaszczykowski, 8 Gündogan (ab 82. Großkreutz) - 9 Lewandowski. - Trainer: Klopp

Schiedsrichter: Pavel Kralovec (Tschechien)

Zuschauer: 35.000

Tore: 0:1 Reus (62.), 1:1 Balotelli (90./HE)

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FC Schalke 04: Unnerstall – Uchida, K. Papadopoulos, Höwedes, C. Fuchs – Neustädter – Höger, Draxler (55. Afellay) – Holtby (84. Barnetta) – Pukki (66. Farfán), Huntelaar

Montpellier HSC: Jourdren – Bocaly, Yanga-Mbiwa, Hilton, Stambouli - Saihi – Belhanda (68. Tinhan), Estrada (68. Marveaux) – Cabella, Camara, Ait Fana (55. Congré)

Schiedsrichter: Sergei Karassew (Russland)

Zuschauer: 50.004

Tore: 0:1 Ait Fana (13.), 1:1 Draxler (26.), 2:1 Huntelaar (53./Foulelfmeter), 2:2 Camara (90.)

Rot: Bocaly (52./Notbremse)