Michael Schumacher war nach einem von ihm verschuldeten Unfall mit Jean-Eric Vergne ausgeschieden und muss in Suzuka zehn Plätze zurück.

SINGAPUR. Wiederholungstäter“ Michael Schumacher wird nach dem von ihm verursachten Unfall im Formel-1-Rennen in Singapur beim nächsten Lauf in Japan zehn Startplätze verlieren. Das gaben die Rennkommissare am Sonntagnacht Ortszeit bekannt. Sie begründeten die Strafe unter anderem damit, dass es der zweite Vorfall in diesem Jahr gewesen sei.

Schumacher hatte in Singapur zu spät gebremst und war auf Toro-Rosso-Pilot Jean-Eric Vergne aufgefahren. In Barcelona hatte er zuvor in einer ähnlichen Situation Bruno Senna (Williams) gerammt. Schumachers Mercedes-Team hatte vergeblich versucht zu belegen, dass der Unfall die Folge eines Bremsdefektes gewesen sei.

In der Mitteilung gaben die Stewards zudem an, Schumacher habe seinen Fehler eingestanden. Er habe zugegeben, dass er den fehlenden Reifengrip nach der Safety-Car-Phase unterschätzt habe. Unmittelbar nach dem Rennen hatte Schumacher noch seine Schuld abgestritten.

„Discokugel“ Sebastian Vettel hatte zuvor im Chaos von Singapur den Überblick bewahrt und sich in der Hitze der Nacht eindrucksvoll zurückgemeldet. Der Weltmeister der vergangenen beiden Jahre gewann mit kühlem Kopf und einigem Glück nach dem Ausfall des führenden Lewis Hamilton das spektakuläre und turbulente Nachtrennen unter 1500 Flutlichtern. „Wir sind zurück in der WM“, sagte Vettel via Boxenfunk und ließ einen seiner berühmten Jubelschreie los. Danach widmete er seinen Sieg dem in der vergangenen Woche im Alter von 86 Jahren verstorbenen langjährigen Rennarzt Dr. Sid Watkins.

Durch seinen zweiten Saisonsieg und dem ersten Erfolg nach neun Rennen schwang sich der Red-Bull-Pilot wieder zum ersten Verfolger von WM-Spitzenreiter Fernando Alonso auf. Der Ferrari-Pilot hat nach Platz drei im asiatischen Stadtstaat noch 29 Punkte Vorsprung auf Vettel, der sich von Rang vier auf Platz zwei der Gesamtwertung verbesserte.

Damit wirkte sein mit 24 LED-Leuchten bestückter „Glitzerhelm“, mit dem Vettel nach eigener Aussage „wie eine Discokugel“ aussah, direkt beim ersten Einsatz als Glücksbringer. Auf dem für 3500 Euro umgebauten Helm zeigten je acht Lichter die verschiedenen Tierkreiszeichen Vettels und seiner Familie an.

Neben Hamiltons Ausfall hatten gleich zwei Safety-Car-Phasen innerhalb kurzer Zeit für Tumulte gesorgt. Die zweite davon verursachte Rekordweltmeister Michael Schumacher, der durch den Unfall mit dem Franzosen Jean-Eric Vergne (Toro-Rosso) vor der Entscheidung über seine Zukunft wenig Werbung in eigener Sache betrieb. Auch weitere kleinere und mittelschwere Kollisionen sorgten bei den Rennkommissaren für Schwerstarbeit.

Schumacher war nach der spektakulären Kollision mit Vergne sichtbar genervt. „Ich muss analysieren, was da passiert ist“, sagte er, nachdem er scheinbar ohne Reaktion Vergnes Toro Rosso ins Heck gefahren war: „Ich habe nicht zu spät gebremst, sondern eher einen Tick zu früh, aber die Verzögerung kam viel zu spät, keine Ahnung, warum.“ Vielleicht sei der Reifendruck zu niedrig gewesen, vielleicht habe das Auto aufgesetzt - zunächst müsse man mal den Grund herausfinden, bevor man über eine Strafe nachdenke, sagte Schumacher.

Zweiter hinter Vettel wurde Jenson Button im McLaren. Nico Rosberg belegte im Mercedes Rang fünf, Timo Glock im Marussia Rang Zwölfter. Der WM-Dritte Kimi Räikkönen (Lotus) beendete das Rennen auf Platz sechs.

Vor dem Start hatten die Fahrer und Teamchefs ihres verstorbenen „Doktor Sid“ gedacht - Rekordweltmeister Schumacher verpasste die Schweigeminute aber wegen eines menschlichen Bedürfnisses. „Ich muss mich entschuldigen, denn ich war noch auf dem WC. Meine Gedanken waren aber bei Sid“, sagte der Mercedes-Pilot zu RTL.

Hamilton war beim Start für Vettel nicht zu erreichen, doch den Überraschungs-Zweiten Pastor Maldonado (Williams) kassierte der Weltmeister wie erhofft gleich in der zweiten Kurve. Auch Button zog am Venezolaner vorbei, Alonso blieb hinter dem Williams-Piloten Fünfter. Die Silberpfeile duellierten sich direkt nach dem Start, Rosberg parierte Schumachers Angriff und blieb Neunter.

Vettel hielt zunächst den Kontakt zu Hamilton, danach ließ das Feld etwas abreißen. Nach acht Runden lag der Weltmeister nur 1,7 Sekunden hinter dem Führenden, dessen Teamkollege Button führte mit fünf weiteren Sekunden Rückstand das Verfolgerfeld an. Ein Fahrfehler des Hessen kostete ihn dann etwa zwei Sekunden. Durch den direkt folgenden Boxenstopp fiel er dann auf Rang zehn zurück und steckte fortan auch noch im Verkehr fest.

Als nach 15 Umläufen die gesamte Spitzengruppe den ersten Boxenstopp absolviert hatte, fand sich Vettel aber wiederum als Zweiter hinter Hamilton wieder. Die Abstände waren fast exakt dieselben wie vor den Stopps. Hülkenberg, der als Letzter frische Reifen holte, hielt auf dem zwischenzeitlichen fünften Platz Alonso auf, der ihn erst in der 17. Runde überholte.

Der Schock für Hamilton dann in der 23. Runde: Sein McLaren blieb wegen eines Getriebeschadens liegen, Vettel erbte die Führung mit zu diesem Zeitpunkt rund 3,5 Sekunden Vorsprung auf Button.

Eine weitere Wendung bekam das Rennen nach etwas mehr als der Hälfte, als der Inder Narain Karthikeyan durch seinen Unfall eine Safety-Car-Phase auslöste. In dieser schied auch Maldonado mit einem Hydraulik-Schaden aus. Erst nach sechs Runden ging das Safety Car von der Strecke. Nun war klar, dass die geplanten 61Runden innerhalb der Zwei-Stunden-Frist nicht gefahren werden können.

Zumal das Rennen kurz darauf schon wieder neutralisiert werden musste, diesmal hatte Schumacher die Safety-Car-Phase verursacht. Nach dem Restart regte sich Button über den Boxenfunk über Vettel auf, dem er beinahe ins Heck gerauscht wäre. „Das war fast ein Start/Stopp-Spielchen“, schimpfte der Brite.

Kurz darauf flogen auch bei einer Berührung von Hülkenberg und Kamui Kobayashi Autoteile durch die Luft. Auch hier war der Deutsche schuld. „Das hat Nico selbst verbockt“, sagte Experte Marc Surer bei Sky. Hülkenberg und der Japaner konnten das Rennen aber nach einem Boxenstopp beenden.

Der Endstand

1. Sebastian Vettel (Red Bull) (2 Stopps)

2. Jenson Button (McLaren Mercedes) 2

3. Fernando Alonso (Ferrari) 2

4. Paul di Resta (Force India) 2

5. Nico Rosberg (Mercedes) 2

6. Kimi Räikkönen (Lotus) 2

7. Romain Grosjean (Lotus) 2

8. Felipe Massa (Ferrari) 3

9. Daniel Ricciardo (Toro Rosso) 2

10. Mark Webber (Red Bull) 3

12. Timo Glock (Marussia) 2

14. Nico Hülkenberg (Force India) 2

Fahrerwertung nach 14 von 20 Rennen

1. Fernando Alonso (Spanien) 194 Pkt.; 2. Sebastian Vettel (Heppenheim) 165; 3. Kimi Räikkönen (Finnland) 149; 4. Lewis Hamilton (Großbritannien) 142; 5. Mark Webber (Australien) 133; 6. Jenson Button (Großbritannien) 119; 7. Nico Rosberg (Wiesbaden) 93; 8. Romain Grosjean (Frankreich) 82; 9. Sergio Perez (Mexiko) 65; 10. Felipe Massa (Brasilien) 51; 11. Paul Di Resta (Großbritannien) 44; 12. Michael Schumacher (Kerpen) 43; 13. Kamui Kobayashi (Japan) 35; 14. Nico Hülkenberg (Emmerich) 31; 15. Pastor Maldonado (Venezuela) 29; 16. Bruno Senna (Brasilien) 25; 17. Jean-Eric Vergne (Frankreich) 8; 18. Daniel Ricciardo (Australien) 6.

Konstrukteurswertung nach 14 von 20 Rennen

1. Red Bull 298 Pkt.; 2. McLaren 261; 3. Ferrari 245; 4. Lotus 231; 5. Mercedes 136; 6. Sauber 100; 7. Force India 75; 8. Williams 54; 9. Toro Rosso 14.