Im niederländischen Valkenburg holt sich der 27-Jährige gebürtige Cottbuser Gold

Valkenburg. Als Rad-Profi Tony Martin sich mit letzter Kraft den Cauberg hinaufgekämpft und mit der Winzigkeit von fünf Sekunden gesiegt hatte, legte er sich als zweimaliger Weltmeister erschöpft auf den Asphalt von Valkenburg. In einem Herzschlagfinale hatte der 27-Jährige den Amerikaner Taylor Phinney besiegt und sich mit dem zweiten WM-Titel im Einzelzeitfahren eine goldene Genugtuung nach einer Saison voller Pleiten, Pech und Pannen beschert.

"Ich bin überglücklich, der Titel bedeutet mir nach dieser Saison so unglaublich viel. Manchmal müssen eben fünf Sekunden reichen, um Weltmeister zu werden. Das war die beste Woche meiner Karriere", sagte Martin. Mit stolz geschwellter Brust lauschte er den Klängen der Nationalhymne und blinzelte in die bereits tief stehende Sonne.

Von Beginn an hatte sich Martin in Abwesenheit der Dauerrivalen Bradley Wiggins und Fabian Cancellara ein Fernduell mit dem Olympia-Vierten Phinney geliefert. Der US-Boy lag bei der ersten Zwischenzeit am Ende des einen Kilometer langen Anstiegs Sint Remigiusstraat vier Sekunden vor Martin. Doch der Deutsche Meister schlug mit Bravour zurück, lag nach 29,7 Kilometern 13 Sekunden vorn und holte wenig später den direkt vor ihm gestarteten Alberto Contador ein. "Ich war froh, als ich Alberto gesehen habe. Es war wohl das härteste Zeitfahren meines Lebens", sagte Martin.

Martin büßte bis zur dritten Referenz einige Sekunden ein, doch am Ende der 46,3 Kilometer durch die Limburger Hügellandschaft leuchtete in 58:38 Minuten die Bestzeit auf. "Ich bin es etwas vorsichtiger angegangen. Wenn man als Top-Favorit halbwegs gut durch die Kurven kommt, ist die Chance auf den Sieg sehr groß", sagte Martin.

Bereits bei der Fahrt über den Zielstrich reckte Martin zwei gespreizte Finger in die Höhe. Erster Gratulant war der um mehr als zwei Minuten distanzierte Contador. Der zweimalige Tour-Sieger tätschelte Martin anerkennend die Wange. Im Lager des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) herrschte Jubelstimmung. "Tony ist durch die Stürze und Verletzungen das Rennen vorsichtiger angegangen als Phinney, dadurch ist es sehr schwer geworden. Es ist für ihn ein sehr guter Abschluss", sagte Vizepräsident Udo Sprenger.

Im Vordergrund stand bei Martin die pure Erleichterung über das nach dem Seuchenjahr nicht mehr für möglich gehaltene Happy End. Im Frühjahr lag der 27-Jährige mit Knochenbrüchen im Krankenhaus, bei der Tour zerplatzten alle Träume vom Gelben Trikot durch Materialdefekte und einen Sturz. Dieser wird Martin demnächst womöglich noch beschäftigen, eine Operation am gebrochenen Kahnbein droht.

Doch daran verschwendet Martin noch keinen Gedanken: "Es ist ein tolles Gefühl, mich mit so einem Sieg in drei Wochen in meine Winterpause verabschieden zu können." Die beiden anderen BDR-Fahrer enttäuschten. Der junge Erfurter Patrick Gretsch fuhr mit fast vier Minuten Rückstand auf Martin auf Rang 27. Ex-Weltmeister Bert Grabsch (Wittenberg) absolvierte den Kurs nur als 36.