Deutsches Daviscup-Team bleibt nach dem 3:2-Sieg am Rothenbaum über Australien in der Weltgruppe. Stebe sorgte für entscheidenden Punkt.

Hamburg. Szenen wie diese hatten die Tennisfans am Hamburger Rothenbaum lange nicht erlebt. Cedrik-Marcel Stebe und Florian Mayer liefen mit der Deutschlandfahne in den Händen Ehrenrunden, auf der Spielerbank kreiste eine Champagner-Flasche, und als das gesamte Daviscup-Team in der Mitte des Courts Aufstellung nahm, feierte es mit den 4500 Zuschauern minutenlang den Verbleib in der Weltgruppe der 16 besten Tennisnationen. 3:2 hatten die Deutschen im Relegationsmatch Australien besiegt, den dritten Abstieg in die Zweitklassigkeit verhindert und die monatelangen Querelen um die Nationalauswahl vergessen lassen. "Ich bin sehr stolz auf die Leistung dieser Mannschaft. Dieser Erfolg ist das Resultat des Teamgeistes, der den Glauben an die eigenen Stärken erst möglich gemacht hat", sagte Patrik Kühnen, 46. Der Teamchef war nach der Absage von Tommy Haas und dem Rausschmiss Philipp Kohlschreibers ein hohes Risiko bei der Aufstellung eingegangen. Er wurde am Ende belohnt.

Dabei hatte der Sieger des Tages gar nicht spielen sollen. Nachdem am Sonnabend Philipp Petzschner/Benjamin Becker gegen Lleyton Hewitt/Chris Guccione das Doppel 3:6, 2:6, 6:2, 6:7 (4:7) verloren hatten und die Australier damit 2:1 in Führung gegangen waren, wollte Kühnen im letzten Einzel gestern den 21 Jahre alten Stebe nicht dem Druck des Gewinnenmüssens aussetzen. Weil aber Petzschner an einer Reizung der Quadrizepssehne am linken Knie laborierte, und er am Mittag nach dem Einschlagen signalisierte, nicht antreten zu können, fehlte Kühnen die Alternative. Stebe musste beim Stand von 2:2 auf den Court.

Kühnens Befürchtungen schienen sich zu bestätigen, als der Linkshänder nach zwei Aufschlagverlusten im ersten Satz schnell 0:3 gegen Hewitt, 31, zurücklag. Der Australier ("Ich war ein wenig müde von den beiden Spielen an den Vortagen") brachte aber mit einer Reihe von verschlagenen Bällen, insgesamt 47 Fehlern (Stebe: 29), den Deutschen ins Spiel zurück, der mit jedem Fehlschlag Hewitts Selbstvertrauen - und neun Spiele in Folge - gewann. Nach 2:05 Stunden hatte er "das bisher wichtigste Match meiner Karriere" 6:4, 6:1, 6:4 gewonnen. "Die Belastung war schon enorm", gestand Stebe, "ich musste mich erst aus dieser Situation rauskämpfen und freispielen." Kühnen tat ein Übriges. Auf der Bank wirkte er beruhigend auf Stebe ein ("Hewitt ist 31 und nicht mehr so frisch wie am ersten Tag"), nahm ihm die Zweifel. "Cedrik hat gezeigt, welches Potenzial in ihm steckt", sagte Kühnen, "wer solche Entscheidungsspiele gewinnt, der kann im Tennis weit nach oben kommen."

+++Deutschland feiert den Klassenerhalt am Rothenbaum+++

+++Petzschner und Becker verlieren in vier Sätzen+++

Florian Mayer, 28, hatte zuvor für den Ausgleich zum 2:2 gesorgt. Wie am Freitag beim Dreisatzsieg gegen Hewitt ließ der Bayreuther auch Bernard Tomic, 19, keine Chance. 6:4, 6:2, 6:3 servierte Mayer Australiens Spitzenspieler ab, nutzte sechs von sieben Breakchancen nach 1:31 Stunden seinen ersten Matchball. Und wie gegen Hewitt zeichneten das Spiel des Deutschen Variabilität und Solidität aus, Mayer unterliefen nur 19 Fehler bei 27 "Winnern", Tomic 35 (28). Mit gut gesetzten Stopps brachte er Tomic aus dem Rhythmus, rückte wenn nötig ans Netz vor und bestimmte ansonsten von der Grundlinie die Ballwechsel. Der Australier, in seiner Wahlheimat vor ein paar Jahren als Supertalent gefeiert, ließ schon im zweiten Satz seine Schultern hängen. Da nützte es wenig, dass Altmeister Tony Roche, 67, der mit Australien sechsmal den Davispokal gewonnen hatte, bei den Seitenwechseln hinter der Bande stehend, eindringlich auf ihn einredete, während Teamchef Patrick Rafter schwieg. "Bernard fehlte der Biss. Das habe ich bemängelt", sagte Roche und fügte resignierend hinzu: "Es hat nichts genützt. Er hat nicht an sich geglaubt."

Mayer dagegen zeigte erneut, dass er zu Höherem berufen ist als derzeit Platz 25 der Weltrangliste. Sein Potenzial allerdings schöpft er selten aus, zu oft lässt er sich von Randerscheinungen aus dem Spiel bringen. Und nicht immer tritt er derart selbstsicher wie an diesem Wochenende am Rothenbaum auf. "Das Publikum hat mich auch toll unterstützt", gab sich Mayer gewohnt bescheiden. "Es hat viel Spaß gemacht, hier in Hamburg zu spielen. Die Bedingungen, der langsame Sandplatz, die Atmosphäre waren perfekt für mich."

Karl-Georg Altenburg klatschte bei der abschließenden Pressekonferenz seinen Spielern immer wieder Beifall. "Das war ein Riesenfortschritt. Der Teamgeist war in diesen Tagen in jedem Moment zu spüren. Auf diesem Weg müssen wir weitermachen", sagte der Präsident des Deutschen Tennis Bundes. Er kündigte für die nächsten Monate Gespräche mit Kühnen und allen Spielern an. Die Tür sei für niemanden verschlossen, "der sich in diese großartige Mannschaft einordnen will".