Kim Kulig war wegen ihres Kreuzbandrisses die tragische Figur beim WM-Aus. Nach 14 Monaten ist sie zurück in der Nationalmannschaft.

Duisburg. Den Abend, an dem sie zum bislang letzten Mal das Nationaltrikot trug, wird Kim Kulig nie vergessen. Es war der 9. Juli 2011 in Wolfsburg: Im WM-Viertelfinale gegen Japan waren keine drei Minuten gespielt, da stieg die Fußball-Nationalspielerin nach einer Ecke am langen Pfosten zum Kopfball hoch, bei der Landung verdrehte sie sich das rechte Knie. Kreuzbandriss.

„Ich habe oft von dieser Szene geträumt, die Bilder habe ich immer noch genau vor Augen“, sagte die 22-Jährige im DFB-Mannschaftsquartier Landhaus Milser in Duisburg. 14 Monate nach jenem Horrorspiel, dass die deutschen Frauen 0:1 nach Verlängerung verloren, trainiert sie seit Dienstag erstmals wieder mit der Nationalmannschaft, die sich mit dem EM-Ticket in der Tasche auf die abschließenden Qualifikationsspiele in Kasachstan (Sonnabend, 15 Uhr) und gegen die Türkei (Mittwoch, 17 Uhr) vorbereitet. „Es ist ein tolles Gefühl. Ich freue mich einfach, wieder hier zu sein“, sagte Kulig mit einem strahlenden Lächeln.

Es war ein langer Weg zurück. Auch der Innenmeniskus war lädiert, Kulig musste zweimal operiert werden. Es folgten unzählige Reha-Stunden in Neu-Isenburg, nach den ersten Spielen im Frühjahr beim 1. FFC Frankfurt warf sie eine Reizung zurück. „Man wird reifer und lernt, geduldig zu sein. Ich dachte nicht, dass ich das kann“, sagte die 27-malige Nationalspielerin: „Aber Geduld ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Sie lernte, jeden Fortschritt zu genießen. „Man weiß Dinge ganz anders zu schätzen. Wenn man das erste Mal wieder 30 Minuten joggen war, gönnt man sich zur Belohnung das eine oder andere Klamottenstück, ist doch klar“, sagte der Mode-Freak. Beim Gedanken an ihren gut gefüllten Kleiderschrank muss Kulig herzhaft lachen. Die übrige Zeit nutzte sie für ihr Fernstudium Sportmanagement, für Ablenkung sorgten Kino-Abende und Restaurantbesuche mit Freunden.

Beim FFC, der sich am Mittwoch nach dem schwachen Saisonstart von Cheftrainer Sven Kahlert trennte, verpasste sie das DFB-Pokal-Finale und das Endspiel der Champions League, beide Spiele verloren die Frankfurterinnen. Nun sei sie noch nicht bei 100 Prozent, dazu fehle die Spielpraxis. „Ich nutze jede Einheit, um wieder zur alten Stärke zurückzufinden. Mein großes Ziel ist die EM 2013“, sagte Kulig.

Auch in der Nationalmannschaft ist die Zeit nicht stehengeblieben. So gewann die Auswahl von Bundestrainerin Silvia Neid im März den Algarve Cup. Das verletzte Sechser-Duo Kulig und Simone Laudehr (1. FFC Frankfurt) wurde von Viola Odebrecht und Lena Goeßling (beide VfL Wolfsburg) hervorragend vertreten.

Das weiß auch die Rückkehrerin. „Daher habe ich erst mal keine Ansprüche, jetzt in die erste Elf zu stoßen“, sagte Kulig. Der Konkurrenzkampf sei gut für die Mannschaft: „Es ist schön, dass Deutschland jetzt vier Sechser zur Verfügung hat - man weiß ja nie, was passiert.“ Kim Kulig weiß, wovon sie spricht.