New York. Als Andy Murray sich und ein ganzes Königreich endlich erlöst hatte, zeigte sogar Ivan Lendl Gefühle. Der frisch gebackene US-Open-Champion Murray war nach seinem ersten Grand-Slam-Sieg gerade in die Kabine gekommen, da überraschte ihn sein stets miesepetrig dreinschauender Coach Lendl mit einer spontanen Umarmung. "Er hat mich gelobt und gesagt, dass er stolz auf mich ist", sagte Murray nach dem 7:6 (12:10), 7:5, 2:6, 3:6, 6:2 gegen Titelverteidiger Novak Djokovic aus Serbien im zweitlängsten Finale der Major-Geschichte (4:54 Stunden).

Nach dem vollzogenen Wandel vom ewigen Zweiten zum Sieger für die Ewigkeit hatte der 25-Jährige kurz an der Grundlinie gekniet - doch die abfallende Zentnerlast aus dem Erwartungsdruck einer ganzen Nation schien zunächst keine großen Emotionen zuzulassen. "Innerlich bin ich sehr glücklich, denn es war eine lange Reise bis zu diesem Punkt. Ich verspüre Erleichterung, weil ich mir bewiesen habe, dass ich auch Grand Slams gewinnen kann", sagte Olympiasieger Murray.

Der sensible Schotte, der als Kind einen Amoklauf in der Schule von Dunblane überlebte, gewährte in der Stunde seines größten Triumphs Einblick in sein Seelenleben. "Ich saß vor dem Spiel in der Kabine und hatte Zweifel. Niemand zuvor hatte fünf Endspiele verloren. Und ich wollte nicht derjenige sein, dem das zuerst passiert", sagte er. Die zermürbenden Selbstzweifel und inneren Dämonen hofft Murray nun ein für allemal besiegt zu haben.