Doping: Heute Anhörung im Fall des griechischen Sprintpaars Kenteris und Thanou

Athen. Griechenland ist das Land der großen Tragödien: Aischylos, Sophokles, Euripides - wer kennt sie nicht. Die Moderne hat nun ein weiteres Autorenpaar hervorgebracht: Kostas Kenteris und Ekaterini Thanou.

Eigentlich sind die beiden ja Leichtathleten, genauer gesagt Sprinter. Doch um ihre sportlichen Qualitäten ging es zuletzt nur noch am Rande. Stattdessen profilierten sich die beiden als meistgesuchtes Phantom-Paar in einem Doping-Drama, das sich inzwischen zur peinlichen Posse auswächst.

Am vergangenen Donnerstag verpassten der 200-m-Olympiasieger von Sydney und die 100-m-Europameisterin eine im Olympiadorf anberaumte Dopingkontrolle. Der Grund: ein Motorradunfall.

Ziemlich mysteriös das Ganze. Denn es drängen sich gleich mehrere Fragen auf. Wieso kurven zwei Sportler vor ihrem wichtigsten Wettkampf auf einem Motorroller durch die Gegend - noch dazu mitten in der Nacht? Den meisten Athleten ist solcherart Zeitvertreib, wie übrigens auch das alpine Skifahren, auf Grund des hohen Verletzungsrisikos per Vertrag verboten. Und wieso wurde der Kameramann des griechischen Fernsehens, der das Paar in der Athener KAT-Klinik aufgespürt hatte, nach den ersten Aufnahmen flugs fortkomplimentiert? Schließlich: Wieso konnte sich keiner daran erinnern, wie die Nationalhelden überhaupt ins Krankenhaus gelangten?

Nicht zum ersten Mal waren Kenteris und Thanou nicht da, wo man sie eigentlich vermutet hat. Bereits im Frühjahr 2003 suchten die Dopingfahnder das Paar vergeblich, das in Katar weilte, statt wie angekündigt auf Kreta. Am 28. Juli versuchten es die Kontrolleure in Tel Aviv - wieder umsonst. Ebenso wie am 11. August, da trainierten die beiden lieber in Korinth bei Athen statt, wie von ihnen angegeben, in Chicago.

Das Verwirrspiel hat offensichtlich Methode. Nur ließ es der Leichtathletik-Weltverband an der nötigen Konsequenz fehlen, die dauernden Verstöße gegen das "Whereabout"-System, die Informationspflicht der Athleten zu ihrem jeweilen Aufenthaltsort, auch entsprechend zu ahnden.

Diese Inkonsequenz setzt sich nun bei den Spielen in Athen fort. So ließ das griechische NOK die Chance verstreichen, das windige Pärchen selbst aus dem olympischen Verkehr zu ziehen, und gab den schwarzen Peter lieber an das IOC weiter. Doch auch deren Disziplinarkommission unter Führung des deutschen IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach lässt sich von Kenteris/Thanou auf der Nase herumtanzen. Beim ersten Anhörungstermin am Montagmorgen im Hilton-Hotel blieben die (ohn)mächtigen Funktionäre unter sich, weil sich die lädierten Sprintstars außer Stande sahen, ihr Krankenlager zu verlassen.

Mit dem Verweis auf das "Respektieren der Menschenrechte" vertagte Wirtschaftsanwalt Bach die Anhörung auf heute. Das Erscheinen seiner Mandanten sagte der Athleten-Anwalt Michalis Dimitrakopoulus verbindlich zu.

Kostas Kenteris gab sich nach dem Verlassen der Klinik gestern kämpferisch: "Mir wird Unrecht getan, ich habe nie verbotene Substanzen genommen." Um dann theatralisch anzukündigen: "Nach der Kreuzigung kommt die Wiederauferstehung." Wenn er sich da mal nicht täuscht. Selbst Staatspräsident Kostadinos Stefanopoulos geißelte die gestrauchelten Stars bereits als "Schande für Griechenland". Zwei Helden im Abseits.