Boxweltmeister Wladimir Klitschko hat in Hamburg erstmals einen Gegner, der größer ist als er

Hamburg. Seit 16 Jahren schlägt sich Wladimir Klitschko bereits professionell durch die Boxringe dieser Welt. Doch auch ein Dreifachweltmeister im Schwergewicht kann im Alter von 36 Jahren noch neue Erfahrungen machen. Gestern war so ein Tag. Im "Blue Room" der O2 World, wo der jüngere der Klitschko-Brüder für seinen nächsten Kampf am 10. November warb, musste er beim obligatorischen Staredown-Foto erstmals die Augen aufwärts richten, um seinem Gegner in den "Spiegel der Seele" zu schauen. Der Pole Mariusz Wach ist mit 202 Zentimetern Körperlänge und 206 Zentimetern Reichweite um jeweils vier Zentimeter im Vorteil gegenüber dem ukrainischen Titelverteidiger. "Er ist der größte Gegner, gegen den ich jemals geboxt habe. Die Herausforderungen werden größer", witzelte Klitschko.

Die Frage, ob diese Aussage auch sportlichen Wert hat, wird sich erst nach dem Kampf beantworten lassen. Wach, der seit zwei Jahren in den USA lebt und seine Frau Marta und den zweijährigen Sohn Oliver, die kein dauerhaftes Visum für die Vereinigten Staaten besitzen, nur selten in Krakau besucht, ist zwar in bislang 27 Profikämpfen unbesiegt und war als Amateur immerhin Vizeeuropameister.

Doch in seinem Rekord findet sich kein Name von Rang, seine K.-o.-Quote ist mit 15 vorzeitigen Siegen auch nicht gerade angsteinflößend, zudem gilt der 32-Jährige als relativ langsam. Wer gestern hörte, wie freundlich sich Wach für die "Chance meines Lebens" bedankte, und wer sah, wie er Klitschko ein Foto überreichte, das die beiden bei einer gemeinsamen Trainingseinheit vor neun Jahren im Hamburger Universum-Gym zeigt, der fühlte sich eher an einen Fan erinnert, der sein Idol trifft, als von einem Herausforderer beeindruckt, der dem Champion die Titel entreißen will.

Klitschko, der vor seinen bislang 61 Profikämpfen schon alle möglichen Verhaltensweisen seiner Gegner erleben konnte, ließ sich von der sanften Tour des kantigen Riesen nicht einwickeln. "Ich spüre, dass Wach einen großartigen Kampf liefern wird. Er hat nichts zu verlieren und wird mir alles abverlangen", sagte er. Was soll er auch sonst sagen? Gegner zu unterschätzen, diesen Leichtsinn erlaubt er sich seit Jahren nicht mehr.

Auch wenn der Kampf in Hamburg sein erster seit Dezember 2008 ist, der nicht in einem Fußballstadion ausgetragen und deshalb schnell ausverkauft sein wird, kann das Starkreden des Kontrahenten nicht schaden. Immerhin feiert die O2 World, die am 8. November 2002 eröffnet wurde, mit dem Duell ihr zehnjähriges Bestehen. Weil zudem eine Woche nach dem Kampf auch das von den Klitschko-Brüdern unterstützte Musical "Rocky" in Hamburg Premiere feiert, wird TV-Partner RTL den Kampfabend im Zeichen des von Sylvester Stallone verkörperten Filmhelden inszenieren. Ein Duell, das nicht nur körperlich auf Augenhöhe stattfindet, wäre dafür die beste Pointe. Allerdings wird Klitschko einen Sieg des Außenseiters zu verhindern wissen. Wenigstens einmal soll ihm sein Gegner von unten ins Gesicht blicken - nach dem Knock-out auf dem Ringboden liegend.

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