Teamchef Patrik Kühnen will den 34-Jährigen von einem Start beim Daviscup-Spiel im September am Rothenbaum gegen Australien überzeugen.

Hamburg. Patrik Kühnen steht in diesen Tagen vor einer wichtigen Dienstreise. Der Teamchef der deutschen Daviscup-Mannschaft fliegt nach dem Ende seines Urlaubs auf den Kanaren nach New York, wo am 27. August die US Open beginnen, das vierte und letzte Grand-Slam-Turnier der Tennissaison. Kühnen hat dabei nicht nur die Aufgabe, die deutschen Spitzenspieler zu beobachten. Sein wichtigster Auftrag lautet, Tommy Haas zu einem Auftritt im Relegationsspiel um den Verbleib in der Weltgruppe gegen Australien zu bewegen.

+++ Haas kann nicht ewig spielen +++

Dieses Match findet vom 14. bis 16. September am Hamburger Rothenbaum statt. Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) ist Ausrichter und Veranstalter des Prestigeduells, und den Verband treibt die Sorge um, was passieren könnte, sollte das wichtigste Zugpferd seinen Dienst verweigern. Im Juli hatte der 34-Jährige in seiner Geburtsstadt ein triumphales Comeback gefeiert. Erst im Finale musste sich Haas dem Argentinier Juan Monaco beugen. 7000 Zuschauer bejubelten ihn dennoch.

Keine Frage: Tritt Haas als Spitzenspieler an, dürfte das Interesse der Fans sprunghaft ansteigen. Bislang läuft der Kartenvorverkauf schleppend, was angesichts der unklaren Besetzung der Teams jedoch kein Wunder ist. Viele Zuschauer dürften abwarten, wer am 4. September nominiert wird, zudem wird auch das Wetter eine Rolle spielen. Haas plus Sonnenschein, das wäre die Rechnung, die dem DTB das beste Ergebnis einbringen würde.

Das Problem ist, dass Haas schon im Juli nicht den Eindruck machte, dass er mit heißem Herzen für sein Land einstehen wolle. Im goldenen Spätherbst seiner Karriere ist der bis auf Weltranglistenposition 22 gekletterte Altmeister vor allem darauf fixiert, sich im weltweiten Ranking vorzuarbeiten. Ob er sich deshalb nach den US Open noch einmal auf dem eher ungeliebten Hamburger Sand quälen mag, anstatt in Asien weitere lukrative Hartplatzturniere zu spielen, ist ebenso abzuwarten wie sein genereller Gesundheitszustand nach den kräftezehrenden Monaten. Zudem hat er mit seinem Galaauftritt im Juli hohe Ansprüche geweckt, die nur mit zwei glanzvollen Einzel-Siegen zu erfüllen wären. Dafür jedoch muss Haas topfit sein.

+++ Angelique Kerber verliert Finale, klettert aber auf Weltranglistenplatz sechs +++

"Wir entscheiden in New York, wie die Planung aussieht", sagt Haas' Trainer Christian Groh. Auch Kühnen ist noch gelassen: "Ich werde in Ruhe mit Tommy sprechen. Es liegt in meinem eigenen Interesse, ihn von einem Einsatz zu überzeugen, schließlich will ich das stärkste Team aufbieten." Sollte Haas nicht spielen, müssten mit Philipp Kohlschreiber (Augsburg) und Florian Mayer (Bayreuth) zwei Profis im Einzel antreten, die zuletzt wegen ihrer Absagen für die Olympischen Spiele stark in die Kritik geraten waren. In Internetforen fordern viele Fans, die beiden nie mehr für Deutschland zu nominieren.

Einen Vorschlag mit ähnlicher Stoßrichtung machte in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Focus" auch DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg. Der Bankmanager regte an, Spieler, die trotz erfolgreicher Qualifikation ihre Teilnahme an Olympia absagen, auch nicht mehr für den Daviscup zu nominieren. "Wir werden darüber nachdenken, ob wir die Daviscup-Nominierung an die Olympiateilnahme koppeln", sagte Altenburg. Für diese Saison gilt diese Regelung nicht mehr.

Aber auch im DTB sind nicht alle überzeugt, dass ohne Haas die wiedererstarkten Australier um Lleyton Hewitt und Bernard Tomic besiegt werden könnten. Insbesondere der als sensibel geltende Mayer, der im Juli am Rothenbaum im Halbfinale an Haas gescheitert war und sich selbst anschließend Lustlosigkeit attestiert hatte, könnte unter der Last möglicher Pfiffe der Fans einbrechen. Teamchef Kühnen will solcherlei Diskussionen im Ansatz ersticken. "Ich lasse mir nicht in die Nominierung hereinreden. Ich habe volles Vertrauen in alle meine Spieler und werde ein Team aufstellen, das den Klassenerhalt schaffen kann", sagt er. Es wird spannend zu sehen, welches Team er in New York findet.

Karten für den Daviscup gibt es ab zwölf Euro im Internet unter www.dtb-tennis.de oder bei der Telefon-Hotline 01805/99 77 27