Der Langstreckenschwimmer muss sich mit Silber begnügen, ist damit aber letztlich glücklich

London. Einen Moment lang stand Thomas Lurz da, wo er unbedingt hatte stehen wollen - ganz oben auf dem Podest. Allerdings mit der falschen Medaille um den Hals. Olympisches Gold hielt neben ihm der Tunesier Oussama Mellouli in die Kameras. "Natürlich wollte ich gewinnen. Ich bin hergekommen, um Gold zu holen", sagte der Rekordweltmeister mit einem gequälten Lächeln, zeigte sich letztlich jedoch zufrieden mit der Silbermedaille, die er im Serpentine Lake im Londoner Hyde Park erschwommen hatte. "Ich bin glücklich. So wie das Rennen verlaufen ist, war es das Bestmögliche", sagte der 32-Jährige nach der Siegerehrung.

Die eindrucksvolle Medaillensammlung des Würzburgers bleibt jedoch unvollständig. Nach zehn WM-, fünf EM-Titeln und zwei Weltcup-Gesamtsiegen fehlt immer noch olympisches Gold. Immerhin beendete Lurz die schwarze Serie des Deutschen Schwimmverbandes (DSV), der in den 42 olympischen Entscheidungen zuvor keine einzige Medaille gewonnen hatte.

Die akribisch geplante Mission Gold hatte ausgerechnet ein Neuling zunichte gemacht. Mellouli, der sechs Tage zuvor im Pool des Aquatics Centre bereits Bronze über 1500 Meter Freistil geholt hatte, schwamm den Arrivierten über zehn Kilometer davon. Der 28-Jährige ist damit der erste Olympiasieger, der drinnen und draußen eine Medaille gewann.

Als sich Mellouli in der letzten der sechs Runden Meter um Meter absetzte, konnte Lurz nicht mehr folgen. 1200 Meter vor dem Ziel habe er gemerkt, dass Gold außer Reichweite war, sagte er. Am Ende kam er doch noch mal heran, gewann nach 1:49:58,5 Stunden und 3,4 Sekunden Rückstand auf den Sieger aber nur das Rennen der Verfolger. "Ich hatte die Hoffnung, dass er vielleicht zu früh angezogen hat", berichtete Lurz: "Aber Silber zu sichern war eine gute Entscheidung." Ein gutes Ergebnis erzielte auch Andreas Waschburger aus Saarbrücken, der zwischenzeitlich ordentlich Tempo gemacht und das Feld angeführt hatte, am Ende aber müde wurde und auf Platz acht zurückfiel.

Olympiasieger Mellouli, lobte Rekordweltmeister Lurz, sei "nach Phelps und Lochte der größte Allrounder. Er ist mir technisch überlegen. Wenn ich ihn schlage, dann nur mit meinem Kämpferherz." Das reichte allerdings nicht, weil auch die Bedingungen dem Tunesier entgegenkamen. "Das ruhige Gewässer war für ihn von Vorteil", sagte Bundestrainer Stefan Lurz, der ältere Bruder des Silbermedaillengewinners.

Ob er nach Bronze in Peking und Silber in London seine Karriere noch bis Rio 2016 fortsetzen und sich die rund 3000 Trainingskilometer pro Jahr weiterhin antun will, ließ Thomas Lurz offen: "Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Von der Platzierung würde es ja passen: 2008 Dritter, jetzt Zweiter ..."