Der Fall Drygalla beschäftigt heute auch das Landeskabinett in Schwerin. Eine der Fragen: Was wusste wer, und wann, über Kontakte der Olympia-Sportlerin in die rechte Szene Mecklenburg-Vorpommerns?

Schwerin/London. Die rot-schwarze Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern befasst sich heute Vormittag mit dem Fall der Rostocker Ruderin Nadja Drygalla. Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus London soll Mecklenburg-Vorpommerns Innen- und Sportminister Lorenz Caffier (CDU) darüber im Kabinett Auskunft geben.

Die 23-Jährige aus dem Deutschland-Achter der Frauen hatte mit ihrer Beziehung zu einem früheren NPD-Mitglied für Schlagzeilen gesorgt. Das Innenministerium wusste nach eigenen Angaben schon Mitte 2011 darüber Bescheid und suchte das Gespräch mit der Sportlerin. Drygalla brach ihre Ausbildung bei der Landespolizei vorzeitig ab und schied auch aus der Sportfördergruppe aus. Den Angaben zufolge war der Deutsche Olympische Sportbund nicht über Drygallas Nähe zu einem Neonazi informiert worden. Auch Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) habe davon erst nach der vorzeitigen Abreise Drygallas aus London erfahren. Die Ruderin distanzierte sich inzwischen öffentlich von rechtsextremem Gedankengut, ihr Freund verließ die NPD.

Für den Chef de Mission des deutschen Olympia-Teams, Michael Vesper, ist der Fall Drygalla vorerst beendet. „Für uns ist die Angelegenheit Drygalla bis zum Ende der Olympischen Spiele abgeschlossen“, sagte Vesper am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Nach den London-Spielen solle die Causa sportintern geklärt werden.

Bedarf für eine noch strengere Prüfung des Athletenumfeldes sieht der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) dagegen nicht. „Wir wollen keinen sportinternen Geheimdienst und keine Gesinnungsprüfung“, sagte der Spitzenfunktionär. Der DOSB hatte erklärt, dass er keine Mitteilungen über die Beziehung der Athletin zu Michael Fischer, einem Direktkandidaten der rechtsextremen NPD bei den Landtagswahlen 2011 in Mecklenburg-Vorpommern, erhalten habe.

Wie Vesper sieht auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière im Fall Drygalla bereits eine Grenze überschritten. „Steht es uns als Öffentlichkeit eigentlich wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen, zu gucken, was da los ist?“, sagte der CDU-Politiker.

De Maizière warb am Montag als Gast im Deutschen Haus in London für eine differenzierte Sicht der Dinge. „Müssen wir von Sportlerinnen und Sportlern verlangen, dass sie offenbaren, mit wem sie befreundet sind, was die denken? Wo ist da die Grenze?“, sagte er und fügte hinzu: „Ich stelle diese Fragen, um einmal deutlich zu machen, dass es auch Grenzen der Überprüfung auch für die Rolle von Sportlern gibt.“

(dpa)