London. Der Mann hat Nerven. Er hatte sie bei seinem überraschenden Olympiasieg 2008 in Peking. Er behielt sie im vergangenen Jahr trotz Infekten, kleineren Verletzungen und einer Reifenpanne beim Weltcup in Hamburg. Und sie waren zum Zerreißen gespannt im vergangenen halben Jahr, als das Projekt Olympia wegen einer Verletzungsserie immer unrealistischer wurde. "Die ganze Situation war manchmal ziemlich frustrierend und hat mich teilweise auch ein bisschen aggressiv gemacht. Ich glaube, ich war hin und wieder nicht leicht zu handhaben für mein Umfeld", sagt Triathlet Jan Frodeno. Aber er behielt die Nerven, biss sich durch und startet am heutigen Dienstag um 12.30 Uhr beim olympischen Rennen im Londoner Hyde Park.

Jan Frodeno, 30, ist ein Kämpfer, ein Meister im Krisenmanagement. Und er ist der Mann für den olympischen Moment. Das Bild nach seinem Triumph in Peking, als er sich zum ersten deutschen Olympiasieger im Triathlon krönte, ist im Gedächtnis geblieben. Frodeno lag ausgepumpt und glückstrunken auf dem Rücken und reckte mit letzter Kraft triumphierend die Arme gen Himmel. Dass die Vorbereitung dieses Mal nicht optimal war, kehrt er ins Positive um. "Ich gehe nicht mit demselben Anspruch hinein, mit dem ich sonst angetreten wäre. Aber vielleicht gibt mir gerade diese Lockerheit am Ende die letzten ein, zwei Prozent auf der Zielgeraden", sagt er. Und: "Olympia ist genau mein Ding."

Ein spät diagnostizierter entzündeter Nerv in der linken Wade, eine Achillessehnenreizung und ein Infekt hatten ihn in diesem Jahr zurückgeworfen. Ihm half die Erinnerung: "In schwierigen Momenten habe ich mir meine Olympiamedaille und die Videos noch mal angeschaut."

Vielleicht muss "Frodo", wie der Saarbrücker genannt wird, am Ende dem Mangel an Laufkilometern Tribut zollen. Vielleicht aber wiegt die Lockerheit mehr. "Ich habe das Gefühl, dass es etwas Schönes geben kann", sagt Frodeno. "Ich kann mich komplett auskotzen, mehr als viele andere. Und ich kann im Kopf richtig kämpfen."