London/Hamburg. Trotz des Austritts des vormaligen NPD-Landtagskandidaten Michael Fischer aus der Partei zweifeln Experten, ob der Lebensgefährte der Rostocker Olympiateilnehmerin Nadja Drygalla dem Rechtsextremismus tatsächlich abgeschworen hat. Die Ruderin des Deutschland-Achters war vergangene Woche von den Olympischen Spielen in London abgereist, nachdem bekannt geworden war, dass ihr Freund der rechtsextremen Szene angehört und aktives NPD-Mitglied war.

Gestern erhielt die Ruderin überraschend Rückendeckung von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Er schloss bei einem Besuch in London nicht aus, dass Drygalla in Zukunft sogar von der Sportförderung der Bundeswehr Geld erhalten könne. "Im Moment gibt es keinen Antrag von ihr auf Sportförderung, und wenn es ihn gäbe, würden wir ihn prüfen, aber in Ruhe und nicht in der Atmosphäre der letzten Tage", sagte de Maizière. Der Drygalla-Antrag mit Wirkung zum 1. September war nach den Vorfällen in London vom Deutschen Olympischen Sportbund zurückgezogen worden.

Der Fall werfe die Frage nach den Grenzen der Überprüfung auf, so de Maizière. "Steht es uns als Öffentlichkeit eigentlich wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen, zu gucken, was da los ist?", fragte der CDU-Politiker. Er glaube, diese Grenze sei im Fall Drygalla überschritten worden. "Wir sind hier nicht in einem Ermittlungsverfahren." Es müsse die Lehre gezogen werden, behutsamer mit so einem Fall umzugehen.

An der Darstellung auch von Nadja Drygalla, wonach sich ihr Freund vom Rechtsextremismus gelöst hat, haben Experten aber Zweifel. Die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, hält die Version für eine "Legende". "Er ist nicht mehr Mitglied in der NPD, aber das ist keine Distanzierung", sagte Kahane. Es sei häufig "blöde Trickserei" von Neonazis, symbolisch aus der NPD auszutreten.

Die in Mecklenburg-Vorpommern aktive Internetplattform Endstation Rechts bestätigte zwar, dass Fischer seit mehreren Wochen nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten sei. Ein Redakteur der Plattform betonte aber, Indizien sprächen gegen einen Ausstieg aus der Szene.