Wenn es darum geht, sich zu den eigenen Sportlern zu bekennen, haben sich die Briten keine geschmacklichen Grenzen gesetzt. Der Union Jack, die traditionelle Nationalflagge, gefällt immer und überall: ob als lustige Fühler auf dem Kopf getragen, ins Gesicht gemalt, aufs T-Shirt gedruckt oder als Schleppe um den Hals gebunden.

Wohl dem Gastgeberland, das solche Fans hat. Sie lassen sich ihre prächtige Laune durch nichts verderben. Man könnte sich nämlich schon günstigere Umstände vorstellen. Nach einem Sechstel der Entscheidungen wartete Großbritannien noch auf seinen ersten Olympiasieger. Die Boulevardzeitung "Sun" gab bereits eine Fahndung heraus: "Gesucht: Goldmedaille." Wenigstens besteht Hoffnung auf Besserung, anders als beim Wetter. Bis zum Eröffnungstag hatte es seine britische Identität verleugnet. Seither scheinen die Spiele im Tief festzustecken.

Who cares, wen kümmert's? Die Briten jedenfalls nicht. Sie haben sogar die Spiele ihrer englisch-walisischen Fußballmannschaft als nationale Ereignisse zelebriert, obwohl die beiden jeweiligen Landesauswahlen sonst erbitterte Gegner sind. Viele Anhänger im Stadion hatten sich eigens mit den britischen Olympiatrikots eingedeckt und die englischen, schottischen oder walisischen Devotionalien zu Hause gelassen. Alles blieb ruhig. Ein bisschen zu ruhig vielleicht. Aber was hätten die Fans auch singen sollen? Ein gesamtbritisches Fußballliedgut will erst noch entwickelt werden.

Heute spielen die Briten in der walisischen Hauptstadt Cardiff gegen Uruguay. Einige der fünf einheimischen Spieler wollen während der Hymne schweigen. Man muss es mit dem Patriotismus ja nicht übertreiben.