Der Turner will trotz des Debakels mit dem Team beim heutigen Mehrkampf eine Medaille holen

London. Mund abputzen, weitermachen - Fabian Hambüchen hielt sich mit dem enttäuschenden siebten Platz der deutschen Turnriege in einem turbulenten olympischen Mannschaftswettbewerb gar nicht mehr lange auf. "Mit meiner Leistung war ich sehr zufrieden. Jetzt habe ich noch zwei gute Olympiachancen", sagte der Wetzlarer. Enttäuschung klingt anders.

Als nach einem desaströsen Teamauftakt am Seitpferd ohne den an diesem Gerät pausierenden Hambüchen die erhoffte Medaille bereits außer Reichweite war, funktionierte der ehemalige Reckweltmeister den Auftritt in der North Greenwich Arena in einen doppelten Probelauf um - für die heutige Mehrkampfentscheidung und auch das Reckfinale sechs Tage später. Und das, was er an den restlichen fünf Geräten leistete, stimmte Hambüchen durchaus zuversichtlich: "Es war nicht alles perfekt, aber ich werde auch noch ein paar Kleinigkeiten bis zu meinen beiden weiteren Finals verändern."

Speziell an der Taktik für die Entscheidung am Reck wird in den kommenden Tagen permanent gefeilt werden. Im Teamfinale präsentierte der 24-Jährige eine exzellente Übung mit einem Ausgangswert von 7,5 Punkten und erhielt dafür 16,166 Zähler. Doch Olympiasieger und Weltmeister Zou Kai aus China konterte mit 7,7 Schwierigkeitspunkten und 16,400 Zählern. Hambüchen könnte ebenfalls noch aufstocken, die Entscheidung darüber wird kurzfristig fallen.

Der einstige Turnfloh ist in den vier Jahren seit Peking weiter gereift. Der Achillessehnenriss im Januar des vergangenen Jahres und die quälende Rehabilitation haben ihn gelehrt, die Umstände seiner Karriere mit anderen Augen zu sehen. "Er merkt jetzt, dass Olympia nicht das Nonplusultra ist. Dass es nicht nur positive Seiten gibt. Er kann die Gesamtsituation jetzt wesentlich besser einschätzten als noch vor vier Jahren", sagte Vater Wolfgang Hambüchen. Ohne den Familienclan wäre der Weg des Individualisten aus der Verletzungsmisere nie von Erfolg gekrönt gewesen. Nur mit Unterstützung des Mediziners Johannes Peil und des "Systems Hambüchen" fand er über eine individuelle Vorbereitung in der Reha und in der Halle den Weg aus der (auch mentalen) Krise. Hambüchen verzichtete auf einen EM-Start - und vieles deutet darauf hin, dass dies die richtige Entscheidung war.