Der Hamburger Johannes Schöttler verabschiedet sich heute aus dem Badmintonturnier

London. Das Mindeste, was man bei Olympia erwarten kann, ist doch wohl, dass man sich Mühe gibt, findet Johannes Schöttler. Er für seinen Teil und sein Doppelpartner Ingo Kindervater hatten das getan am Sonnabendabend in der Wembley Arena, auch wenn die Auftaktpartie des Badmintonturniers gegen Chieh Min Fang und Sheng Mu Lee mit 15:21, 16:21 verloren ging. Aber die Organisatoren? Nun ja. Sie hatten das Gruppenspiel gegen die starken Taiwaner kurzfristig von Montag um zwei Tage vorgezogen.

"Wir hatten uns bis zuletzt darauf eingestellt, dass es für uns das Endspiel um den Einzug in die K.-o.-Runde wird", sagt Schöttler. Stattdessen ist die heutige Partie gegen die Australier Ross Smith/Glenn Warfe (13.30 Uhr) zu einem Schaukampf geworden, nachdem Kindervater und Schöttler gestern auch den chinesischen Olympiazweiten und viermaligen Weltmeistern Yun Cai/Haifeng Fu 20:22, 16:21 unterlagen.

Vermutlich wäre es dem Hamburger auch mit dem ursprünglichen Spielplan nicht besser ergangen. Zwei Satzhälften sah es so aus, als könnten Fang und Lee, die WM-Dritten von 2010, nichts, was Kindervater und Schöttler nicht auch könnten. "Aber als es darauf ankam, haben die extrem gut gespielt", gestand Schöttler. Was ihm und seinem Partner fehle, seien die Trainingsspiele auf höchstem Niveau.

Jacek Hankiewicz weiß um dieses Dilemma: "Man braucht gute Sparringspartner, die ein hohes Tempo spielen, sonst hat man gegen die Asiaten keine Chance." Deshalb hat der Hamburger Landestrainer vor sechs Jahren Schöttler den Wechsel zum Nationalmannschaftsstützpunkt in Saarbrücken nahegelegt. Schweren Herzens, denn der heute 27-Jährige sei "immer mein Lieblingsspieler" gewesen.

In der saarländischen Hauptstadt findet Schöttler im Umkreis weniger Kilometer alles vor, was er für sein Sportlerleben braucht: die Trainingshalle, den Olympiastützpunkt, eine schlagkräftige Bundesligamannschaft Bischmisheim, die Universität, an der er Betriebswirtschaft studiert. Und vor allem ebenbürtige Gegner, darunter Sebastian Rduch und Sven-Eric Kastens, die ebenfalls aus Hamburg abwanderten. Schöttler sagt: "Wenn man es richtig machen will, muss man da hin." Und er wollte es richtig machen, davon habe ihn einst sein drei Jahre älterer Bruder Sebastian überzeugt, der bis zuletzt für den VfL 93 in der Bundesliga startete.

Im März haben die Winterhuder ihre Mannschaft abgemeldet. Zuvor hatte die Badmintonabteilung eine Meldung verbreitet, dass der Etat wegen des Rückzugs des Hauptsponsors nicht mehr finanzierbar sei. Als der Hamburger Sportbund reagierte und Mittel bereitstellte, hatten die meisten Spieler bereits woanders unterschrieben. "Traurig und schockiert" war Johannes Schöttler über die Vorgänge in seiner Heimatstadt, in die er nach seiner Karriere unbedingt zurückkehren will.

Heute zieht er zunächst wieder ins olympische Dorf ein. Am Freitag hatte er sich nach Wembley ausquartiert, um sich die weiten Wege zu ersparen. So kam ihm Olympia vor "wie ein normales Turnier". Jetzt können auch für ihn die Spiele beginnen.