Dass die USA das Basketballturnier gewinnen, steht für alle Experten fest. Diskutiert wird nur der Vergleich zu den Legenden von 1992

London. Es liegt nicht an der Länge der Betten, dass die Mitglieder des amerikanischen Basketball-Dream-Teams nicht im Olympischen Dorf wohnen. Ein Übersetzungsfehler hatte zu großen Missverständnissen in den Vereinigten Staaten geführt. "Five feet, eight inches" seien die Betten nur lang, hieß es aus London, also gerade mal 1,73 Meter. Die wahre Länge aber beträgt zwei Meter, bei Bedarf sogar 20 Zentimeter mehr. Kobe Bryant, 1,98 Meter groß, LeBron James, 2,03 Meter, und die anderen NBA-Profis ziehen es dennoch vor, in einer Nobelherberge zu nächtigen, wie es sich eben für Superstars gehört. Bryant ist auch der Wortführer einer bizarren Debatte, die in den USA vor dem ersten Spiel am Sonntag gegen Frankreich mit großer Leidenschaft geführt wird, sogar Präsident Barack Obama hat sich eingemischt. Welches Dream Team ist denn nun das stärkste? 20 Jahre nach dem legendären Auftritt von Earvin "Magic" Johnson, Michael Jordan und Larry Bird in Barcelona stellte Bryant genüsslich fest: "Wir sind auf dem Zenit, viele Spieler im ersten Dream Team 1992 waren schon darüber hinaus."

In den Staaten kam seine Aussage einer Gotteslästerung gleich. Die Mannschaft von damals trat so überlegen auf, dass sie in ihren acht Spielen nicht eine einzige Auszeit nahm und die Partien im Schnitt mit 43,4 Punkten Unterschied gewann. Das Anstrengendste am ganzen Turnier waren für sie die Trainingseinheiten gegen Scottie Pippen, Charles Barkley und den Rest. "Ich denke, wir würden mit mehr als zehn Punkten Vorsprung gewinnen", antwortete Barkley und fügte in Richtung Bryant spöttisch hinzu: "Aus dem heutigen Kader hätten es sowieso nur zwei oder drei Spieler in unser Team geschafft." Um die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen, versuchte sich Basketball-Fan Obama als Schlichter: "Auch unser aktuelles Team ist fantastisch. Sie haben unglaublich viel Talent." In einem sind sich die Parteien aber einig: bei Olympia gibt es nur eine Mannschaft, die den Sieg erringen wird.

"Ich sehe wirklich keinen ernsthaften Herausforderer für uns", sagt Pippen. Großen Widerspruch bekommt er nicht zu hören. Die Ehrfurcht vor dem Dream Team, das Sonntag gegen Frankreich ins Turnier startet, ist nach wie vor groß, obwohl sich mittlerweile etliche Europäer wie der Franzose Tony Parker oder Pau Gasol aus Spanien in der Profiliga NBA zu den dominierenden Figuren entwickelt haben. Den Spaniern, vor vier Jahren hinter den USA Olympiazweiter, wird noch am ehesten zugetraut, die Amerikaner ärgern zu können. Das letzte Testspiel vor ein paar Tagen in Barcelona entschieden die USA mit 100:78 allerdings standesgemäß für sich. "Wenn wir nicht Gold gewinnen", sagt Bryant, "müssen sie uns die Staatsbürgerschaft entziehen."

Die Frage nach dem besten Dream Team kann eigentlich nur einer beantworten: US-Chefcoach Mike Krzyzewski. Doch er schweigt - wegen Befangenheit. Er war 1992 Assistenztrainer der legendären Mannschaft um Johnson, Jordan und Bird.