DOSB-Chef Thomas Bach und Generaldirektor Michael Vesper bemühen sich um Gelassenheit

London. Drei Tage vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London gibt es den ersten handfesten Ärger im deutschen Team. Die harsche Attacke der Fechterin Imke Duplitzer gegen die deutsche Sportführung in einem "Bild"-Interview hat den vorolympischen Frieden im deutschen Team erheblich gestört. Die gescholtenen Funktionäre versuchten den Ball flachzuhalten. "Die Vorfreude ist ungetrübt. Wir werden uns nicht davon beeindrucken lassen", sagte Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, am Montag in London. "Da ich Fechter war, weiß ich, dass sie manchmal auch zum Säbel greifen. Die Geschichte sollte man tiefer hängen", forderte der Florett-Olympiasieger von 1976.

Auch der ebenfalls attackierte Generaldirektor Michael Vesper versuchte gelassen zu reagieren. "Ich kann da keinen konstruktiven Vorschlag entdecken. Aber ich werde sie fragen. Das war wohl eher ein Rundumschlag", sagte der Chef de Mission der deutschen Olympia-Mannschaft.

Duplitzer hatte besonders Bach und Vesper kritisiert. "Das, was die erzählen, zählt für 0,5 Prozent der 392 deutschen Olympia-Sportler", sagte die 36 Jahre alte Silbermedaillengewinnerin von 2004. Das System des deutschen Sports bezeichnete sie als "völlig daneben", den Zustand des deutschen Leistungssports nennt sie "niederschmetternd", Trainer hätten in anderen Ländern bessere Rahmenbedingungen. Die Funktionäre wüssten nicht mehr, was in den Sporthallen los sei, sie lebten in einem "Pixiewolkenkuckucksheim". Gestern relativierte die Fechterin, die zum fünften Mal bei Olympischen Spielen antritt, ihre Vorwürfe. "Ich bin froh, dass Thomas Bach und Michael Vesper es nicht persönlich genommen haben", sagte sie. "Es geht mir um die Sache, um Normen und Werte im Sport."

Vizepräsidentin Christa Thiel, im DOSB zuständig für den Leistungssport, hält Duplitzers Kritik "für verfehlt und deplatziert" und vermutet: "Vielleicht will sie ein bisschen Aufmerksamkeit." Gordon Rapp, Präsident des Deutschen Fechter-Bundes, fordert von seiner Sportlerin, dass sie sich auf die Wettkämpfe in London konzentriert: "Ich habe nichts gegen mündige Athleten. Es ist klar, dass wir vor Olympia die besondere Aufmerksamkeit der Medien haben. Ich erwarte aber, dass sich jeder jetzt voll auf den Sport konzentriert, alles andere kommt danach."

Duplitzer selbst berichtete am Montag, dass sie aus dem Kreis der Sportler Unterstützung erhalten habe. "Mir ist fast das Facebook-Profil explodiert", sagte sie im ZDF-Morgenmagazin. "Ich habe jede Menge Mails bekommen, von Athleten und Trainern, die gesagt haben: 'Super, dass du den Mund aufgemacht hast.' Aber niemand will sich den Mund verbrennen und aus dem Fördersystem fallen." Alle schweigen.

Sanktionen gegen die Fechterin soll es aber nicht geben.