Die sportliche Krise beim Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC ist ernst. Am Samstag trifft Trainer Otto Rehhagel auf seine alte Liebe Werder Bremen und seinen Ex-Spieler Thomas Schaaf.

Berlin. Die „Freunde für immer“ blenden ihre Gefühle für 90 Minuten aus. Wenn Trainer-Altmeister Otto Rehhagel mit Hertha BSC am Samstag (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) Werder Bremen und seinen ehemaligen Schützling Thomas Schaaf empfängt, ist keine Zeit für Sentimentalitäten. Während sich die Hertha nach sieben Pflichtspielniederlagen in Folge sehnlichst jedes noch so kleine Erfolgserlebnis wünscht, steht für Rehhagels Ex-Klub die Teilnahme am internationalen Wettbewerb auf dem Spiel.

Doch das Wiedersehen der beiden Freunde ist auch ein Duell der Gegensätze. Bauchmensch und „König“ Otto Rehhagel gegen den „Kopfmenschen und bescheidenen Arbeiter“ Schaaf. „Ab Montag bin ich bei Hertha das Gesetz, und alle hören auf mein Kommando“, hatte der 73-Jährige gleich zu Beginn seines Engagements beim Berliner Bundesligisten gesagt und damit das Leitmotto seiner gesamten Karriere zum Besten gegeben. „Jeder kann sagen, was ich will“, lautet ein oft zitierter Spruch des Trainerfuchses, der von 1981 bis 1995 die Geschicke in der Hansestadt leitete.

Das scheint sich in der Hauptstadt zumindest ein bisschen geändert zu haben. Die Arbeit auf dem Trainingsplatz übernehmen hauptsächlich seine Assistenten Rene Tretschok und Ante Covic. „Ich habe doch nichts mehr zu verlieren. Wenn einer etwas Konkretes oder Gutes sagen will, dann nehme ich das an“, sagte Rehhagel, stellte aber auch klar: „Ich habe immer die letzte Entscheidung.“

Die kann auch durchaus mal überraschend sein. Ganz im Gegensatz zu seinem Gegenüber. Mit Verlässlichkeit lässt sich Schaafs Wirken bei den Bremern wohl am Besten beschreiben - immer im Team mit Manager Klaus Allofs. Rehhagel deckte auch mal seinen damaligen Leitwolf Mario Basler, als dieser tagelang nicht zum Training erschien. Eine Verletzung war damals die Ausrede. Bei Schaaf wäre ein solches Verhalten undenkbar. Vaterfigur Rehhagel - Fußballlehrer Schaaf.

In der vergangenen Saison beschwerte sich der Bremer Nachwuchsspieler Pascal Testroet via Facebook darüber, dass er im letzten Saisonspiel 90 Minuten auf der Bank saß. Schaaf war „not amused“ und suspendierte den U20-Nationalspieler. Vor der Saison wechselte Testroet dann in die 3. Liga zu Kickers Offenbach.

Auch Jurica Vranjes bekam Schaafs konsequente Haltung zu spüren. Der jahrelange Stammspieler wurde Anfang 2010 von Schaaf aussortiert. Warum, ist bis heute unklar.

Und nichts lässt die Unterschiede zwischen Rehhagel und Schaaf so offen zutage treten wie die Spielweise ihrer Mannschaften - obwohl beide während ihrer aktiven Zeit als Abwehrspieler ihre Brötchen verdienten. Als Rehhagel 2004 mit der defensiv eingestellten griechischen Fußball-Nationalmannschaft Europameister wurde, begeisterte Schaaf mit der offensiven Spielweise Bremens die Bundesliga.

„Modern spielt, wer gewinnt“, lautet das in irgendeiner abgewandelten Form immer wieder zum Besten gegebene Motto Rehhagels. Demnach braucht die Hertha am Wochenende Fußball der modernsten Prägung.

Rehhagels Erfolge als Trainer von Werder Bremen:

- 2x Deutscher Meister (1988, 1993)

- Gewinn des Europapokals der Pokalsieger (1992)

- 2x DFB-Pokalsieger (1991, 1994)

- 3x Sieger im Supercup (1988, 1993, 1994)

- 4x Meisterschaftszweiter (1983, 1985, 1986, 1995)

- 1976 und von 1981 bis 1994 saß Rehhagel in der Bundesliga insgesamt 493 Mal bei Werder auf der Trainerbank. Seine Bilanz: 245 Siege, 139 Unentschieden, 109 Niederlagen.

Bei all diesen Erfolgen gehörte Thomas Schaaf zum Kader der Bremer. Der frühere Rehhagel-Schützling ist seit 1999 Coach an der Weser.

Schaafs Erfolge als Trainer von Werder Bremen:

- Deutscher Meister (2004)

- 3x DFB-Pokalsieger (1999, 2004, 2009)

- Sieger im Ligapokal (2006)

- 2x Meisterschaftszweiter (2006, 2008)

- Seit 1999 war Schaaf in 435 Bundesligaspielen Coach bei den Bremern. Seine Bilanz: 214 Siege, 93 Unentschieden, 128 Niederlagen.