Vor dem Weltcup im italienischen Gröden beherrschen die USA das Geschehen im alpinen Skisport

Hamburg. Neulich, in Beaver Creek/Colorado, ist dem anspruchsvollen Skirennläufer Bode Miller (34) etwas Kurioses widerfahren. Nicht bloß der 33. Sieg im Weltcup, sondern eine Erfahrung prägte sich ihm ein: "Ich war zu 100 Prozent zufrieden." Und das will schon was heißen bei einem Ehrgeizling wie ihm, der seinen Trainern nach einem nicht ausreichend fordernden Übungstag schon mal an den Kopf wirft: "Das war ein Scheißtraining."

Freitag und Sonnabend in Gröden/Italien, wo die besten alpinen Rennläufer ein Super-G-Rennen und eine Abfahrt bestreiten, gehört Bode Miller fast wie selbstverständlich zu den Mitfavoriten. Selbst in seiner 16. Saison im alpinen Weltcup überrascht sich der Haudegen aus New Hampshire noch selbst. Nach dem Abfahrtserfolg auf der Hochgeschwindigkeitspiste in Beaver Creek sagte er: "Das war, glaube ich, das höchste Maß an Risiko, das ich je eingegangen bin." Um im gleichen Atemzug über zunehmend unspektakuläre Rennen zu nörgeln: "Derzeit sieht es immer öfter so aus, als wenn die Jungs die Strecken auf technische Weise meistern. Aber sie verschreiben sich nicht dem Risiko - das ist eine Schande. Wenn ich es also tun kann, tue ich es."

Bode Miller steht dabei dieser Tage stellvertretend für den Weg der Amerikaner: schnell, kompromisslos, erfolgreich. In den bislang 15 Weltcuprennen der Saison bei Männern und Frauen triumphierten achtmal Amerikaner, namentlich Lindsey Vonn (5), Miller (1) und Ted Ligety (2). "Mister GS" ("Herren Riesenslalom") nennen sie den Olympiasieger und Weltmeister anerkennend in der Szene, weil er in dieser Disziplin Eleganz und Tempo verquickt wie kein anderer. "Die USA haben immer schon Olympiasieger gehabt, aber keine Skifahrer, die so konstant gewonnen haben, wie sie es derzeit tun", sagt anerkennend Herbert Mandl, Cheftrainer der österreichischen Frauen, die traditionell die beste Mannschaft der Welt stellen.

"Ist Amerika das neue Österreich?", titelte vorige Woche scheinheilig das "Wall Street Journal" und lästerte, die Rennläufer aus der Alpenrepublik wirkten momentan "ungefähr so gefährlich wie zwei Tassen Spätzle".

Das hehre, schon Ende der 90er-Jahre ausgegebene Ziel, die stärkste Mannschaft der Welt zu haben, hat sich der US-Skiverband USSA einiges kosten lassen. Zuletzt etwa eröffnete in Copper Mountain/Colorado ein für 4,3 Millionen Dollar hergerichtetes Zentrum für Speedtraining. Dass durch Fachleute wie Alex Hoedlmoser (Cheftrainer der US-Frauen) oder Patrick Riml (US-Alpindirektor) viel österreichisches Know-how nach Übersee transferiert wurde, ist dabei eine fast schon ironische Fußnote.

Noch ist die Basis in den Vereinigten Staaten nicht besonders breit, doch die Abhängigkeit von Einzelkönnern wie Miller oder Vonn wird zunehmend geringer. Zumal es einfacher ist, "auf ein höheres Level zu gelangen, wenn du einen Plan hast, auf den du zurückgreifen kannst", glaubt Ted Ligety.

An Selbstbewusstsein mangelt es den Alpinen aus dem WM-Gastgeberland von 2015 (Vail/Colorado) jedenfalls nicht. Ligety etwa gehört zu den Wortführern in einem Streit zwischen Athleten und dem Skiweltverband Fis, der schon seit Saisonbeginn mal mehr, mal weniger heftig aufflammt. Es geht um Änderungen des Materialregelements im Riesenslalom. Kurz gesagt, sollen durch längere Latten und geringere Taillierung die Radien erhöht werden, womit das Verletzungsrisiko sinken soll. Für Ligety steht aber fest: "Verletzungen passieren, wenn wir Athleten über unsere 'Komfortzone' hinausgehen - und diese neuen Skier würden uns dazu bringen." Zudem werde das Ganze unansehnlich und vergraule die Skihersteller aus dem alpinen Profizirkel. Bode Miller hat seine Meinung schon zu Saisonbeginn unmissverständlich herausposaunt: "Wenn ich ab nächster Saison so ein Material fahren muss, dann höre ich auf."