Beide Parteien stimmen dem Einigungsvorschlag des Oberlandesgerichts in Stuttgart zu

Stuttgart. Manfred Amerell (64) und Michael Kempter (28) haben den fast zwei Jahre andauernden Rechtsstreit am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Stuttgart in zweiter Instanz beendet. Die beiden Parteien nahmen den Vorschlag des Vorsitzenden Richters des 4. Zivilsenats, Matthias Haag, auf eine gütliche Einigung an.

Beide Seiten konnten sich auf die vom Senat vorgeschlagene Erklärung aus Sicht Kempters verständigen, in der es im ersten Satz wörtlich heißt, „dass ich die Behauptung (), dass ich Herrn Amerell meinen entgegen stehenden Willen eindeutig und klar zum Ausdruck gebracht habe, im Hinblick auf sexuelle Kontakte zwischen uns beiden, nicht weiter aufrecht erhalte.“

Damit ist die Persönlichkeitsrechtsverletzungsklage Amerells gegen Kempter wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung hinfällig. Im Kern ging es in dem Zivilrechtsstreit um die Frage, ob das intime Verhältnis zwischen dem ehemaligen Obmann des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Amerell, und dem ehemaligen FIFA-Schiedsrichter, Kempter, einvernehmlich oder erzwungen war.

In erster Instanz hatte das Landgericht Hechingen die Klage Amerells auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 150.000 Euro zurückgewiesen.

„Ich kann dieser Erklärung zustimmen, auch wenn ich einige Formulierungen nicht glücklich finde“, sagte Amerell im Anschluss. „Psychologisch ist es aber sicher richtig, den Rechtsstreit zu beenden.“

Nachdem der Vorsitzende Richter die erste Fassung vorgelesen hatte, einigten sich die beiden Parteien schließlich auf eine überarbeitete Version der Erklärung, die nur zwei Sätze umfasst, aber elf Zeilen lang ist. „Es sind zu viele Schachtelsätze“, sagte Amerell. Aber die waren notwendig, damit auch Kempter und dessen Anwalt Christoph Schickhardt ihre Zustimmung geben konnten. „Uns war wichtig, dass klar geworden ist, dass Herr Kempter die sexuellen Kontakte nicht wollte“, sagte Schickhardt nach dem Vergleich. Dieser sieht zudem vor, dass die beiden anhängenden Klagen Kempters vor den Landgerichten Stuttgart und Köln nun ebenfalls unter Aufhebung der Kosten erledigt sind.

Im zweiten Satz der Erklärung heißt es in schönstem Juristendeutsch weiter: „Auch wenn ich nach meiner persönlichen Wahrnehmung die Ablehnung sexueller Kontakte von Anfang an zum Ausdruck gebracht zu haben meine, kann ich nicht ausschließen, dass Herr Amerell im Hinblick auf mein Einvernehmen eine andere Wahrnehmung gebildet haben könnte und dass meine Signale hinsichtlich des bei mir fehlenden Willens nach einer körperlichen Beziehung für ihn nicht wahrnehmbar sehr verhalten ausgefallen sein könnten.“

Der Senat um den auf einen menschlichen Umgang sehr bedachten Vorsitzenden Matthias Haag machte von Anfang deutlich, dass sich Kempter in Aussagen vor der Staatsanwaltschaft, beim DFB und gegenüber den Medien in Widersprüche verstrickt hatte. „Unsere Tendenz ist, dass es nicht richtig ist, was Sie gesagt haben“, bekannte Haag offen und ehrlich gegenüber Kempter.

Gleichwohl stellte er fest, dass ein Urteil eine „juristische Gratwanderung“ sei. Ein Schmerzensgeld in welcher Höhe auch immer, hänge davon ab, wie schwerwiegend die Persönlichkeitsrechtsverletzung Amerells ist. Angesichts der schwierigen Tatsachenfindung und auch aufgrund der menschlichen Tragödie, die sowohl Amerell und Kempter bisher aushalten mussten, sprach sich der Senat für einen Vergleich aus. „Das ist auch die beste Lösung für ihre Familie“, sagte Haag mit Blick auf Amerell, der die überarbeite Erklärung erst nicht annehmen wollte.