Profiboxer Felix Sturm muss endlich anfangen, die versprochenen großen Kämpfe zu liefern

Mannheim. Man musste nur in sein Gesicht blicken, um zu wissen, dass es kein angenehmes Gespräch werden würde. Felix Sturm war genervt von einem Urteil, das seinen Status als Superchampion der World Boxing Association (WBA) im Mittelgewicht einmal mehr angekratzt hatte. Der 32-Jährige hatte gegen den Briten Martin Murray eine ordentliche Leistung abgeliefert, war aber mit einem Unentschieden (116:112, 113:115, 114:114) dafür abgestraft worden, dass er im vorangegangenen Kampf gegen Murrays Landsmann Matthew Macklin im Juni einen glücklichen Punktsieg davongetragen hatte. Von einer "Konzessionsentscheidung" sprach Trainer Fritz Sdunek. "Solche Urteile schaden unserem Sport, ich bin maßlos enttäuscht", sagte Sturm.

Es ist eine Frage des Charakters, welche Lehren ein großer Champion, und für diesen hält sich Sturm, aus einem solchen Urteil zieht, und da fängt das Problem an. Anstatt sich einzugestehen, dass er es in zwei aufeinanderfolgenden Kämpfen gegen zwar sehr zähe, aber technisch limitierte und wenig schlagharte Briten nicht geschafft hatte, die Punktrichter zu überzeugen, bog sich Sturm die Wirklichkeit dahingehend zurecht, dass er "gegen einen sehr starken Gegner klar gewonnen" habe. Dass er in den Runden zehn und elf in alte Fehler verfallen und viel zu häufig getroffen worden war - abgehakt.

Felix Sturm hat sich eingerichtet in seiner eigenen Herrlichkeit. Und es ist ja auch bequem, wenn man einen TV-Partner wie Sat.1 hat, der Kämpfe gegen unbekannte Boxer anpreist als "heißesten Kampf des Jahres", der anschließend verbreitet, man habe "einen der spannendsten Kämpfe gesehen, die es überhaupt je gab", und der sogar bereitwillig Reporter und Experten austauscht, die dem Champion zu kritisch daherkommen. Für das Fernsehen mag entscheidend sein, dass die Kämpfe so eng sind wie der zwischen Sturm und Murray, für die Zuschauer ist das allemal interessanter als die oft langweilende Dominanz der Klitschko-Brüder. Doch im Gegensatz zu Sturm haben die Klitschkos alles, was im Schwergewicht an Gegnern zu finden war, aus dem Weg geräumt und damit ihre Dominanz zementiert, während der Kölner sein beim Schritt in die Selbstständigkeit im Sommer 2010 abgegebenes Versprechen, gegen die besten Boxer seiner Klasse antreten zu wollen, noch nicht eingelöst hat.

Was Sturm nun braucht, ist ein Kampf, der von vornherein auch von der Öffentlichkeit ernst genommen wird. Seit er im März 2010 zum Superchampion erklärt wurde, hat er keine Pflichtverteidigung mehr bestritten. Eine solche gegen den von der WBA als "regulärer" Weltmeister geführten Kasachen Gennady Golovkin wäre so ein Kampf, auch eine Titelvereinigung mit dem australischen IBF-Champion Daniel Geale, an der Sturms Vermarkter Ufa intensiv arbeitet, böte die Gelegenheit, neues Renommee zu erlangen. Und wenn es doch ein Rematch gegen Macklin oder Murray sein soll, warum dann nicht in deren Heimat? "Zehn, zwölf tolle Kämpfe" habe er noch in sich, sagte Sturm in Mannheim. Er sollte nicht mehr allzu lange warten, diese endlich zu zeigen.