Cindy Ramírez trifft heute mit Aurubis im Pokal auf Köpenick

Hamburg. 29 Grad Durchschnittstemperatur herrschen im November in Cali, kälter als 18 Grad wird es in der drittgrößten Stadt Kolumbiens selten. Es wäre also kaum verwunderlich, wenn Cindy Ramírez angesichts von Nachtfrost und Nebelschwaden in eine Herbstdepression verfallen würde. Es braucht allerdings nur einen kurzen Moment, um zu verstehen, dass derlei dunkle Gedanken der Mittelblockerin der Volleyball-Bundesligadamen des VT Aurubis, die heute (20 Uhr, Neumoorstück) im Achtelfinale des Pokals auf Köpenick treffen, völlig fremd sind. Ramírez, 22, hat die Sonne im Gemüt, sie lacht viel, und von den Temperaturen lässt sie sich schon gar nicht beeindrucken. "Ich habe ein halbes Jahr in Rumänien gespielt, da waren es im Winter 18 Grad unter null, und in den Straßen lag der Schnee kniehoch. Da habe ich gelernt, was Kälte ist", sagt sie.

Cindy Ramírez ist trotz ihres jungen Alters längst eine Weltreisende in Sachen Volleyball. Weil es in Kolumbien keine Profiliga gibt und sich die Städte untereinander nur in Turnierform messen, verließ die einzige Tochter eines Universitätsprofessors für Mathematik und einer Krankenschwester ihr Land mit 16, um auf Zypern Profierfahrung zu sammeln. Es folgten Stationen in Griechenland, Spanien und Rumänien, ehe sie im Februar dieses Jahres zu Alko Bandung nach Indonesien wechselte.

In der mit ausländischen Stars gespickten Liga fiel Ramírez nicht weiter auf, aber wenn sie durch die Straßen ging oder sich auf Märkten unters Volk mischte, war sie eine Attraktion. "Eine 195 Zentimeter große, dunkelhäutige Frau ist unter den eher kleinen Asiaten schon ein Hingucker", sagt sie. Allerdings wird sie auch in Europa bisweilen staunend beäugt. Probleme mit dummen oder gar rassistischen Sprüchen hatte sie jedoch noch nie. "Ich fühle mich sehr wohl hier", sagt sie.

Das liegt vor allem daran, dass die ausgebildete Physiotherapeutin ein sehr offenes Wesen ist und sich in neuer Umgebung schnell anzupassen weiß. Als sie im Sommer während eines Turniers mit ihrem Nationalteam in Peru die Anfrage aus Hamburg erhielt, gab es für sie keinen Grund zu zögern. "Ich wollte gern nach Deutschland, weil ich sehr viel Gutes über die Liga und das Land gehört hatte", sagt sie. Vor allem der Ruf, Liga und Vereine seien perfekt organisiert, sei Deutschland vorausgeeilt, und er hat sich, sagt Ramírez, absolut bestätigt. "Vor allem die Pünktlichkeit ist beeindruckend. Wenn hier jemand sagt, dass er um zehn Uhr da ist, dann gilt das tatsächlich. Daran musste ich mich erst gewöhnen." Nach drei Monaten fühlt sich Ramírez, die sich in Neuwiedenthal eine Wohnung mit ihren Teamkolleginnen Eva Michalski und Julia Hero teilt, längst integriert. Nur die Sprache macht noch Probleme, sodass Englisch gesprochen wird.

Die vielen Erfahrungen im Ausland lassen die lebensfrohe Südamerikanerin auch mit anderen Augen auf ihr Heimatland blicken. Dass viele Menschen Kolumbien zunächst mit Kokain in Verbindung bringen, stimmt sie traurig. "Cali ist eine tolle Stadt, Kolumbien ein wunderschönes Land. Gefährliche Ecken gibt es überall auf der Welt, aber ich bin völlig normal aufgewachsen", sagt sie. Am meisten vermisst sie die reiche Auswahl an tropischen Früchten, und natürlich ihre Eltern, die über Weihnachten nach Hamburg kommen wollen. Es ist ihr erster Besuch, seit die Tochter in Übersee spielt. Es wird ein frohes Fest werden.