Titelverteidiger Federer beginnt das Tourfinale der Tennisprofis mit einem Sieg gegen Tsonga - und hatte einen Satz lang Schwierigkeiten

London. Roger Federer ballte die Faust, strahlte erleichtert und winkte 17 000 Zuschauern zu. Mit einem Break im rechten Moment hatte der Schweizer nach holprigem Auftakt seinen Start in die Tennis-Weltmeisterschaft gerettet und eine erneute Schlappe gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga verhindert. Nach starkem Beginn und einem schwachen zweiten Durchgang setzte sich der Weltranglistenvierte im Eröffnungsspiel des ATP-Tourfinales mit 6:2, 2:6, 6:4 gegen Tsonga durch. Das Match auf dem eher langsamen blauen Kunststoffplatz dauerte eine Stunde und 28 Minuten.

Titelverteidiger Roger Federer, der sich mit zwei Turniersiegen in die Favoritenrolle gespielt hatte, peilt in London seinen sechsten Triumph beim Jahresendturnier der ATP an. Damit wäre er alleiniger Rekordhalter vor den Tennislegenden Pete Sampras und Ivan Lendl, die wie Federer bislang je fünfmal zum Jahresabschluss gewonnen hatten. Doch Federers Sieg hing am seidenen Faden. Tsonga schien sich zur Mitte des Matches an seine Stärken und an das Turnier am anderen Ende der Stadt in Wimbledon zu erinnern. Bei den All England Championships hatte der Franzose den Schweizer vor fünf Monaten mit mutigem Tennis im Viertelfinale ausgeschaltet.

"Roger - wer sonst?" hatten die Fans des Schweizers auf ein Transparent gemalt. Und nach dem ersten Satz hielt jeder Beobachter in der O2-Arena im Südosten Londons das Fragezeichen für überflüssig. Leicht und locker dominierte Federer seinen Kontrahenten, den er erst vor Wochenfrist im Endspiel des Masters in Paris-Bercy in zwei Sätzen bezwungen hatte. Es war der vierte Sieg des 30-Jährigen gegen Tsonga in diesem Jahr und der insgesamt sechste im neunten Vergleich.

Fast fehlerlos agierte Federer zu diesem Zeitpunkt; auf seinen Aufschlag und die Grundschläge konnte er sich felsenfest verlassen. Ganze 21 Minuten dauerte der erste Satz, von 19 Aufschlagpunkten gab er nur drei ab. Auf der Tribüne war seine Frau Mirka noch ins Gespräch vertieft mit dem französischen Fußballstar Thierry Henry, als sich auf dem Tennisfeld vor ihr Unangenehmes anbahnte.

Denn mit Beginn des zweiten Satzes änderte sich das Bild grundlegend. Nun riskierte Tsonga viel - und hatte Erfolg. Wie bei seinem Coup in Wimbledon setzte er nun seinerseits den Publikumsliebling unter Druck. Und Federer konnte dem Angriff des 26-Jährigen aus Le Mans in dieser Phase nicht genug entgegensetzen. "Da kam mir dann doch ab und zu Wimbledon in den Sinn", sagte der Schweizer angesichts der mächtigen Aufschläge des Franzosen. "Aber im Grunde mag ich diese abwechslungsreichen Spiele."

Im 42. WM-Match seiner Karriere musste der Weltranglistenvierte dann mächtig kämpfen, um im dritten Satz wieder zurück in die Spur zu finden. Äußerlich ungerührt gewann er die Präzision in seinen Schlägen zurück. "Jo-Wilfried hat im zweiten Satz sehr gut aufgeschlagen", sagte Federer nach dem Match. "Es war sehr schwierig, die Grundlinienduelle zu kontrollieren." Dennoch fiel Federers Manöverkritik sehr positiv aus: "Ich glaube, ich spiele derzeit das beste Tennis des Jahres. Es hat sich ausgezahlt, dass ich vor den Turnieren in Basel und Paris eine Auszeit genommen habe." Die beiden Turniere hatte der Schweizer gewonnen.

Tsonga versuchte sich an einer Erklärung, warum Federer auch im Herbst seiner Karriere noch so stark spielt: "Man denkt immer, diesen Punkt mache ich jetzt - und dann ist Roger doch wieder da. Er ist wirklich sehr schnell. Nur im zweiten Satz spielte ich so wie ich wollte." Zwei Preise hatte Federer schon erhalten, noch bevor er das erste Mal in London aufschlug. Die ATP zeichnete ihn als "Favorit der Fans" sowie schon zum siebten Mal mit dem "Stefan-Edberg-Fairnesspreis" aus.

Im zweiten Spiel der Gruppe B standen sich der Weltranglistenzweite Rafael Nadal aus Spanien und der Amerikaner Mardy Fish (Nummer acht) gegenüber. Das Spiel war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.