Hamburger Hockeystürmer hilft, seinen Sport am Bosporus populär zu machen

Hamburg. Jeder Sportler, der nach dem Ende seiner Karriere auf das Erlebte zurückblickt, wird sie finden, die goldenen Momente, die seine Laufbahn besonders machen. Für Zafer Kir wird einer dieser Momente der 7. August 2011 sein. Es war der Tag, an dem die Feldhockey-Nationalmannschaft der Türkei den Aufstieg von der D- in die C-Division schaffte. Im olympischen Hockeystadion von Athen bezwangen die Türken den Erzrivalen aus Griechenland mit 2:1, ihr Kapitän Kir sorgte per Strafecke vier Minuten vor dem Abpfiff für das Siegtor.

Zafer Kir sitzt im Klubhaus des THK Rissen, und seine Augen, die er abseits des Hockeyfeldes hinter einer strengen schwarzen Hornbrille versteckt, leuchten, wenn er sich zurückerinnert. Vergessen ist in diesem Augenblick die erst 45 Minuten alte 6:8-Niederlage gegen den DHC Hannover, die seinem Verein im Kampf um den Klassenerhalt in der Hallenbundesliga schon am Auftaktwochenende einen herben Dämpfer verpasst hat. Der 25 Jahre alte Angreifer wusste von vornherein, dass es mit dem THK nur darum gehen würde, den Abstieg zu verhindern. Es wird ein harter Kampf, das jedoch ist für Kir Alltag, denn um seine Ziele zu erreichen, hat er immer kämpfen müssen.

Aufgewachsen in Georgsmarienhütte, einer 30 000-Einwohner-Stadt im Landkreis Osnabrück, war der Sohn türkischer Einwanderer im Sommer 2008 nach Hamburg gezogen, um eine Ausbildung zum Industriekaufmann zu absolvieren und sich nebenbei seinen Traum vom Bundesligahockey zu erfüllen. Nach einem Jahr beim Uhlenhorster HC und zwei weiteren Spielzeiten beim Harvestehuder THC musste er jedoch anerkennen, dass das Niveau in Hamburgs Topklubs für ihn ein Level zu hoch angesiedelt war. Beim ambitionierten Feld-Zweitligisten aus Rissen fand er in diesem Sommer nicht nur sportlich eine Heimat, sondern auch eine berufliche Perspektive. Kir arbeitet in Vollzeit als hauptamtlicher Manager der Hockeysparte, zudem absolviert er an der International School of Service Management in Hamburg ein berufsbegleitendes BWL-Studium mit Schwerpunkt Dienstleistung. "Der Verein ist ein Glücksfall für mich", sagt er.

Durch den Einsatz für das Land seiner Eltern bringt der 174 Zentimeter große Athlet auch internationales Flair an den Marschweg. Im Januar wird sich die türkische Hallen-Auswahl in Rissen auf die C-EM in Portugal vorbereiten. Ohne das Engagement ihres Kapitäns würden die Südeuropäer wohl noch immer das Schattendasein fristen, das Kir vorfand, als er sich 2003 auf eine Anzeige in der "Deutschen Hockey Zeitung" bewarb. "Der türkische Verband suchte per Annonce Nationalspieler mit Wurzeln in Deutschland. Ich dachte mir, dass das eine interessante Erfahrung werden könnte", erinnert er sich.

Nachdem die Türkei mehrfach daran gescheitert war, Olympische Spiele nach Istanbul zu holen, war 2002 erstmals der Versuch gestartet worden, ein Hockeyteam zu installieren. "Das IOC hatte gerügt, dass noch nicht einmal alle olympischen Sportarten in der Türkei vertreten waren. Daraufhin hat die Regierung ein Budget für den Aufbau bereitgestellt", sagt Kir. Im Januar 2007 spielte er als 20-Jähriger sein erstes internationales U-21-Turnier, und weil alle Spiele deutlich verloren gingen, bot Kir der Verbandsspitze an, den Aufbau eines A-Nationalteams zu professionalisieren. Über soziale Netzwerke wie Facebook und StudiVZ schaffte er es, 15 in Deutschland Hockey spielende Türken zu aktivieren.

Seitdem hat sich das Niveau des türkischen Hockeys stetig gesteigert, auch weil dank Kirs Kontakte zum HTHC mit dem Technischen Direktor Christoph Bechmann und dem Damen-Chefcoach Stephan Platz zwei Toptrainer des Klubs im Sommer die Leitung des Auswahlteams übernahmen. Kir glaubt fest daran, mit der Türkei den Aufstieg in die B-Division sowohl in der Halle als auch im Feld und mit Rissen den Klassenerhalt schaffen zu können. Am Sonnabend (14 Uhr) steht mit dem Duell beim HTHC sein persönliches Highlight der Hallensaison an. "Ein Treffen mit den alten Kollegen ist etwas ganz Besonderes", sagt er. Ein Sieg wäre ein weiterer goldener Moment, den Zafer Kir nie vergessen würde.