Thomas Tuchel ist angeschlagen. Die Talfahrt seines Klubs belastet den Trainer des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05. Die Kritik an seinem Verhalten wird heftiger.

Mainz. Was die Beobachter des FSV Mainz 05 schon in den Wochen zuvor bemerkt hatten, offenbarte Thomas Tuchel zuletzt im ZDF-Sportstudio einer breiten Öffentlichkeit. Dünnhäutig, kaum kritikfähig und ohne Souveränität legte sich der Trainer des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05 mit Reporter Boris Büchler an. «Setzen Sie die Maßstäbe für richtiges Verhalten?», fuhr Tuchel den Journalisten an, weil dieser sich kritische Anmerkungen zum Auftritt des Trainers nach der Niederlage gegen Werder Bremen (1:3) erlaubt hatte.

Es war nicht das erste Mal, dass Tuchel in den vergangenen Monaten aus der Rolle gefallen war. Mal sind es die Medien, meistens aber die Schiedsrichter - der 38-Jährige sucht sich jedenfalls immer wieder ein rotes Tuch, an dem er sich abreagieren kann. Die Talfahrt der Mainzer, die Tuchel in den vergangenen beiden Spielzeiten noch auf den neunten bzw. fünften Platz geführt hatte, hat ihre Spuren beim Trainer hinterlassen - auch wenn der Coach das nicht wahrhaben will.

«Ich habe mich nicht im Ton vergriffen, bin nicht respektlos geworden. Ich reflektiere ständig, was ich tue. Und ich erlaube mir weiter, unbequem zu sein. Ich habe ein dickes Fell», kommentierte Tuchel seinen Auftritt im ZDF-Studio. Der gebürtige Schwabe ist sogar der Meinung, dass nur von außen «stärker nach Ansätzen für Kritik gesucht» werde. Er habe sein «Verhalten in den vergangenen Jahren nicht verändert.»

Trotz dieser Einschätzung ist es so, dass Tuchel längst nicht mehr als der kluge Konzepttrainer mit dem Matchplan in der Tasche gefeiert wird. Die Öffentlichkeit sieht in dem früheren Stuttgarter und Augsburger Jugendtrainer mittlerweile in erster Linie den streitlustigen Dauer-Nörgler und schnell beleidigten schlechten Verlierer. Sky-Experte Jan-Aage Fjörtof bezeichnete den im August 2009 vom Mainzer Junioren- zum Cheftrainer beförderten Tuchel zuletzt sogar als «Clown».

FSV-Manager Christian Heidel weist die Kritik an seinem Coach, der in Zeiten der Erfolgs dynamisch und unverbraucht auftrat, allerdings vehement zurück. «Er hat eben Ecken und Kanten. Er ist nicht angepasst und sagt, was er denkt. Er ist mir lieber als so ein Weichgespülter», sagte der Funktionär über den Vater zweier Töchter, der in Wiesbaden wohnt und der am Mainzer Leitfaden für die Nachwuchskicker mitgerarbeitet hat.

Ohnehin kann sich Tuchel, der nach eigener Aussage im Anschluss an die Partien seiner Mannschaft «beträchtlich lieber in der Kabine bei meinen Spielern als in der Pressekonferenz» wäre, der Rückendeckung durch die Chefetage sicher sein. Der Trainer hat Narrenfreiheit beim Karnevalsverein, sein Arbeitsplatz ist selbst bei einem Abstieg nicht in Gefahr. «Wir gehen mit Thomas Tuchel den gleichen Weg wie mit Jürgen Klopp. Wenn es gut läuft, läuft es gut. Wenn es schlecht läuft, läuft es schlecht», sagte Präsident Harald Strutz zuletzt.

(sid/abendblatt.de)