Am Mittwoch treffen sich DFB und DFL, um Sanktionen im Zuge der Gewaltwelle im Fußball zu beschließen. Die Meinungen gehen weit auseinander.

Frankfurt/Main. Ausschluss von Zweitligist Dynamo Dresden aus dem DFB-Pokal, rigorose Aussperrung von Gästefans: Beim Krisengipfel des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Mittwoch in Frankfurt sind schärfste Sanktionen als Reaktion auf die Eskalation der Fan-Gewalt in Deutschlands Fußball-Stadien möglich. Anhänger machen inzwischen auch nicht mehr vor der Privatsphäre von Fußballern halt. Am Montag wurde bekannt, dass ein Spieler des Viertligisten 1. FC Magdeburg in der vergangenen Woche sogar an der eigenen Haustür von vermummten Hooligans bedroht worden war.

DFB und DFL sind in Bezug auf die ausufernde Fan-Gewalt auch deshalb gefordert, da die Führungsspitze am 14. November beim „runden Tisch“ gegenüber Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich Lösungsansätze bieten muss. Hartes Durchgreifen ist dort gefragt - durchaus möglich, dass Dresden in der kommenden Saison aus dem DFB-Pokal ausgeschlossen wird.

Sportdirektor Michael Zorc vom deutschen Meister Borussia Dortmund hält diesen Schritt aber für „nicht angemessen“. Es müsse gelingen, die einzelnen Täter zu ermitteln. Dann müssten „Stadionverbote ausgesprochen, Geldbußen verhängt oder weitere Sanktionsmaßnahmen getroffen werden“, sagte Zorc am Montag.

Dortmund war in der vergangenen Woche beim DFB-Pokal-Spiel gegen Dresden von den Krawallen direkt betroffen. Bei Ausschreitungen rund um die Begegnung mit Dresdner Anhängern waren mehrere Personen verletzt worden und im Dortmunder Stadion ein Sachschaden von 150.000 Euro entstanden.

Dresden zog am Montag bereits selbst Konsequenzen aus den Ausschreitungen. Der Klub verzichtet beim Auswärtsspiel am 27. November beim FC St. Pauli auf die eigenen Anhänger.

Bei DFB und DFL gibt es offenbar verschiedene Meinungen über eine grundsätzliche Aussperrung von Gästefans. Ligapräsident Reinhard Rauball hatte zuletzt mit einem „kompletten Ausschluss von Gästefans“ gedroht. Dem DFB-Sicherheitsbeauftragten Hendrick Große Lefert geht dieser Schritt zu weit. „Dass wir ganze Fanszenen ausschließen müssen, kann eigentlich nur das letzte Mittel sein“, sagte Große Lefert in der ARD.

DFB-Präsident Theo Zwanziger hält sich noch mit konkreten Aussagen zurück. „Wir beobachten diese Vorgänge mit großer Sorge und nehmen sie sehr ernst. Über konkrete Maßnahmen wollen wir uns intern zunächst mit den Vertretern der Liga und der Klubs abstimmen“, sagte Zwanziger dem Fachmagazin „kicker“. Doch spätestens am Mittwoch müssen DFB und DFL Farbe bekennen.

Zorc zeichnet bereits ein Horrorszenario. „Wenn dieses Problem nicht in den Griff zu kriegen ist, muss man auch über weitere Maßnahmen entscheiden. Wir haben zum Beispiel gesehen, dass in den 80er Jahren die gesamte englische Liga vom Europapokal ausgeschlossen worden war. Das kann aber nur der letzte Schritt sein“, sagte Zorc. Englische Klubs waren nach den Vorkommnissen beim Europapokalfinale zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin in Brüssel mit 39 Toten zwischen 1985 und 1990 von allen europäischen Wettbewerben ausgeschlossen worden.

In Deutschland hat die Bedrohung durch Fans eine zusätzliche Dimension erhalten. Wie am Montag bekannt wurde, war der frühere Magdeburger Kapitän Daniel Bauer am Donnerstag an seiner Haustür von zehn vermummten Personen bedroht worden . Die vermeintlichen Hoolgans sollen Bauer bedroht haben für den Fall, falls Magdeburg das Derby gegen den FC Halle nicht gewinnt.

Bauer hatte Trainer Ronny Thielemann daraufhin gebeten, ihn für das Spiel gegen Halle aus dem Kader zu nehmen, und suchte bei seiner Familie in Koblenz Unterschlupf. Magdeburg erstattete Strafanzeige gegen unbekannt. Bei der Begegnung, die 0:0 endete, war es schließlich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Klubs und der Polizei gekommen.

Dies war am Wochenende bundesweit kein Einzelfall. Ein Dortmunder Fan-Bus war vor der Begegnung des BVB beim VfB Stuttgart (1:1) auf einem Rastplatz von vermummten VfB-Anhängern angegriffen worden. Rund um das Derby zwischen Bayern München und dem 1. FC Nürnberg (4:0) wurden 80 Fans in Gewahrsam genommen. Beim Oberliga-Spiel zwischen dem KFC Uerdingen und den Sportfreunden Siegen wurden sechs Polizisten im Zuge von Krawallen verletzt, 20 Personen wurden festgenommen. Die Zweitliga-Begegnung zwischen dem FC Ingolstadt und Eintracht Frankfurt stand mehrmals kurz vor dem Abbruch, nachdem Eintracht-Fans Feuerzeuge auf das Spielfeld geworfen hatten.

Vertreter von Eintracht Frankfurt müssen nach den Krawallen beim Pokalspiel am vergangenen Mittwoch gegen den Erstligisten 1. FC Kaiserslautern (0:1), bei denen unter anderem ein Polizist schwer verletzt wurde und es zu mehreren Festnahmen kam, in dieser Woche bei Hessens Innenminister Boris Rhein antreten. Rhein hatte „eine härtere Gangart gegen gewaltbereite Problemfans“ angekündigt. (dapd)