Todessturz beim Grand Prix überschattet Bradls zweiten Platz

Sepang. Eine Woche nach dem Tod des britischen Indianapolis-Siegers Dan Wheldon in Las Vegas ist der Motorsport erneut von einem tödlichen Unfall erschüttert worden. Beim Motorrad-Grand-Prix von Malaysia in Sepang kam der frühere italienische Weltmeister Marco Simoncelli im MotoGP-Rennen ums Leben. Der 24-Jährige war in der zweiten Runde mit seiner Honda gestürzt, verlor dabei den Helm und blieb auf der Strecke liegen. Seine Verfolger Colin Edwards (USA) und Valentino Rossi (Italien) konnten bei hoher Geschwindigkeit nicht mehr ausweichen und überrollten den Rennfahrer. Alle Bemühungen der Ärzte kamen zu spät, Simoncelli erlag seinen schweren Kopf-, Nacken- und Brustverletzungen noch an der Rennstrecke. Um 16:56 Uhr erklärte Rennarzt Michele Macchiagodena den Fahrer für tot. Das Rennen wurde abgebrochen und ersatzlos aus dem Saisonkalender gestrichen.

Die Motorradszene ist geschockt. "Ich fühle mich wirklich schlecht. Auf der Strecke sind wir alle Brüder", meinte der ehemalige Weltmeister Nicky Hayden (USA). Der verletzte Spanier Jorge Lorenzo sprach den Kollegen aus der Seele: "Ruhe in Frieden, Marco." Weltmeister Casey Stoner sagte: "Als ich den Unfall sah, habe ich mich schlecht gefühlt. Wenn man den Helm verliert, ist das nie ein gutes Zeichen." Bei allen Veranstaltungen im italienischen Sport wurde am Sonntag eine Schweigeminute eingelegt. Der AC Mailand, Simoncellis Lieblingsklub, wollte mit einem Trauerflor am Arm auflaufen. "Das Leben ist heilig. Man sollte nicht mit 24 Jahren wegen eines Rennens sterben", sagte Gianni Petrucci, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees.

Simoncelli galt als Paradiesvogel der Szene. Sein Lockenkopf war das Markenzeichen des in Cattolica geborenen Rennfahrers, der bereits mit sieben Jahren erste Erfahrungen auf einem Pocket Bike sammelte. "Supersic", wie der 1,83 Meter große Pilot gerufen wurde, kannte auf dem Motorrad weder Freunde noch Feinde. Seine aggressive Fahrweise grenzte oftmals an übertriebene Risikofreude. 2002 fuhr er seinen ersten Grand Prix, 2008 wurde er Weltmeister in der Viertelliterklasse, seit einem Jahr startete er in der MotoGP-Klasse, der höchsten Kategorie im Straßenrennsport, um. In dieser Saison belegte er den sechsten WM-Platz.

"Das ist sehr traurig und tragisch", sagte Stefan Bradl, der Simoncelli als "lustigen und netten Typen" in Erinnerung hat. Sein eigenes Rennen interessierte den 21-Jährigen aus Zahling "absolut gar nicht mehr". Bradl hatte sich in Sepang mit einem zweiten Platz in der Moto2-Kategorie eine gute Ausgangsposition für den ersten Weltmeistertitel geschaffen. Weil sein Rivale Marc Marquez aus Spanien wegen eines schweren Trainingssturzes nicht starten durfte, genügt Bradl nun im letzten Saisonrennen am 6. November in Valencia ein 13. Platz zum Titelgewinn.

Auch das Moto2-Rennen wurde wegen eines Sturzes des Spaniers Axel Pons zwei Runden vor der Zielflagge abgebrochen. Erst kurz zuvor hatte der Schweizer Thomas Lüthi von Bradl die Führung übernommen. Hätte Lüthi Bradl etwas später überholt, wäre der Deutsche als Sieger gewertet worden und hätte den Titel bereits sicher gehabt.