Der Rostocker wird nach einem Zusammenprall in der Wechselzone Dritter beim Ironman auf Hawaii. Australier Craig Alexander siegt in Rekordzeit

Kailua Kona. Ein Veilchen statt der Blumenkrone. Als sich Andreas Raelert bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Triathleten nach dem Ausstieg aus den warmen Fluten des Pazifiks ein blaues Auge holte, geriet dem Rostocker der Kranz aus grünen Blättern für den Sieger des Ironman auf Hawaii aus dem Blickfeld. "Ich hatte nach dem Wechsel leichte Schwierigkeiten und bin phasenweise getaumelt wie ein angeschlagener Boxer", berichtete der 35 Jahre alte Topfavorit, nachdem er bei der Hitzeschlacht auf Big Island das Ziel in Kailua-Kona wie vor zwei Jahren als Dritter erreicht hatte.

Wie 2009 und 2008 krönte sich der Australier Craig Alexander zum König von Kona. Der 38-Jährige, der vor vier Wochen Weltmeister auf der Halbdistanz geworden war, verbesserte den Streckenrekord des Belgiers Luc van Lierde bei der Mutter aller Ironman-Schlachten um zwölf Sekunden auf 8:03:56 Stunden. Zweiter wurde sein Landsmann Pete Jacobs (8:09:11) vor Raelert, der in 8:11:07 seine alte Hawaii-Marke unterbot. Es war das schnellste Rennen in der 33-jährigen Geschichte des härtesten Ironmans der Welt.

In der Gluthitze der hawaiianischen Lavafelder durfte Raelert lange vom großen Wurf träumen. Vom achten Platz nach dem Radfahren aus blies der Vorjahreszweite zur Aufholjagd und verkürzte den Rückstand auf den mittlerweile führenden Alexander zeitweise bis auf 2:30 Minuten. Der Australier spürte Raelerts Atem förmlich im Nacken und musste volles Risiko gehen.

"Andy hat Druck auf mich gemacht. Da wusste ich, ich muss alles hineinwerfen", sagte Alexander. Obwohl er von Krämpfen geplagt wurde und einmal sogar anhalten musste, sorgte der 38-Jährige mit der zweitschnellsten Marathon-Zeit schließlich für klare Verhältnisse. Schneller war nur Jacobs, der knapp zehn Kilometer vor dem Ziel zu Raelert auflief und in der Schlussphase die größeren Reserven hatte.

Raelert, der im Juli im fränkischen Roth den Langstrecken-Weltrekord auf sagenhafte 7:41:36 Stunden gedrückt hatte, war nach der Schinderei über 3,86 Kilometer Schwimmen im Pazifik, 180,2 Kilometer Radfahren durch die Lavawüste und dem abschließenden Marathon auf 57 Grad Celsius heißem Asphalt nicht nur durch das Hämatom am linken Auge gezeichnet. "Ich war am Limit", bekannte Raelert. Die Aufholjagd auf Alexander beim Marathon gab ihm körperlich den Rest. "Dafür habe ich bitter bezahlen müssen", sagte der Vorjahreszweite, der mit seinem Ergebnis dennoch "absolut zufrieden" war: "Ich habe alles riskiert und bin mit Platz drei belohnt worden."

Während der Deutsche schon lange vor dem Ende des Kampfes gegen den mächtigen Gegner aus äußeren Bedingungen und innerem Schweinehund in den Seilen hing, ging Alexander erst nach dem Schlussspurt auf dem Ali'i-Drive K. o. Minutenlang lag der nun älteste Hawaii-Heroe auf dem Boden, ehe ihn zwei Helfer zum Siegerinterview geleiteten. Alexander berichtete, dass er auf den letzten sechs Kilometern von "schlimmen Krämpfen" geplagt worden sei: "Es ist unglaublich. Ich wünschte, jeder auf der Welt könnte fühlen, was ich auf der letzten Meile gefühlt habe. Es war genau das Finish, von dem ich geträumt habe."

Raelert hatte nur als Achter den Marathon aufgenommen. Nach der Hälfte der 42,195 Kilometer lag der zweimalige Olympiateilnehmer nur noch zweieinhalb Minuten hinter Alexander. Dann verließen Raelert die Kräfte: "Ich hatte keine Körner mehr. Ich bin bei Kilometer 25 explodiert." Der Mann, der als vierter Deutscher nach Thomas Hellriegel, Normann Stadler und Faris Al-Sultan Weltmeister werden wollte, wurde kurz vor dem Ziel noch von Jacobs bei dessen Hawaii-Debüt abgefangen. Timo Bracht aus Eberbach wurde Fünfter, Andreas Böcherer aus Freiburg Achter, Al-Sultan komplettierte als Zehnter den deutschen Gesamterfolg. Zudem erreichte der für Luxemburg startende Schwabe Dirk Bockel sensationell Rang vier.

"Ich habe alles probiert. Aber heute waren unter diesen extremen Bedingungen einfach zwei Sportler besser", sagte Raelert. "Da ich alles gegeben habe, bin ich nicht enttäuscht." Im kommenden Jahr will er wieder angreifen, dann mit seinem diesmal noch verletzten Bruder Michael. "Die Hoffnung, dass ich das Potenzial habe, um das Rennen doch einmal gewinnen zu können, die ist weiter da. Mit meinen 35 Jahren habe ich noch genug Luft nach oben", meinte er in einem Interview mit TriathlonTV.

Bei den Frauen setzte sich zum vierten Mal die Engländerin Chrissie Wellington durch. Die 34-Jährige, die im Vorjahr krankheitsbedingt gefehlt hatte, gewann in der nur von ihr selbst 2009 unterbotenen Zeit von 8:55:08 Stunden. Miranda Carfrae aus Australien, Siegerin 2010, wurde Zweite (8:57:57) vor der Britin Leanda Cave (9:03:29). Beste Deutsche wurde Sonja Tajsich aus Regensburg als Siebte in 9:15:17 Stunden. "Dieses Rennen bedeutet mehr als alles andere für mich. Ich habe bewiesen, dass alles möglich ist. Zur Weltmeisterin gekrönt zu werden ist die größte Ehre", sagte Wellington, nachdem sie im Ziel Tränen der Erleichterung vergossen hatte. Es war ihr vierter Erfolg auf Hawaii. Vor zwei Wochen hatte sie sich bei einem Sturz mit dem Rad schmerzhafte Abschürfungen und Hämatome zugezogen, die sie beim Schwimmen und auf dem Rad stark behinderten. 22 Minuten hatte ihr Rückstand beim Wechsel auf die finale Laufstrecke betragen, auf der sie dann von Miranda Carfrae zum Sieg getrieben wurde. Die Australierin lief in 2:52:09 Stunden Marathonbestzeit. "Mein Sieg ist auch ihrer. Ich gratuliere Miranda zu einem großartigen zweiten Platz", sagte Wellington, ehe sie jeden umarmte, der ihr über den Weg lief.