Nach dem Sieg im Nachtrennen in Singapur fehlt dem Formel-1-Weltmeister nur noch ein Punkt zur Titelverteidigung

Singapur. Das Feuerwerk, das über der Strecke von Singapur den Nachthimmel illuminierte, hätte auch dem neuen Weltmeister zur Ehre gereicht, aber die Titelfeier für den alten und neuen Champion musste verschoben werden, obwohl Sebastian Vettel mit einem Sieg seinen maximalen Beitrag leistete. Die neue Weltmeisterkollektion kann sein Team getrost in Auftrag geben. Der einzig verbliebene Titelkonkurrent, Jenson Button, müsste nach Platz zwei gestern nun alle fünf Saisonrennen gewinnen und Vettel jedes Mal ausfallen, andernfalls würde die WM schon beim Großen Preis von Japan in zwei Wochen zugunsten des 24 Jahre alten Red-Bull-Piloten entschieden sein. Nicht mal Buttons McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh, glaubt an das Wunder: "Die WM ist entschieden."

Vettel muss die Siegerehrung unter Flutlicht sehr vertraut vorgekommen sein, obwohl er zum ersten Mal in Singapur ganz oben stand. Sein Teamchef Christian Horner ließ keinen Zweifel, dass die deutsche Siegerhymne ein Evergreen bleibt. "Wir werden unseren Job sauber zu Ende führen."

Vor dem Rennen hatte Horner seinem Musterschüler einen eher ungewöhnlichen Ratschlag gegeben: "Ich habe ihm gesagt, dass er das Rennen genießen soll." Tatsächlich fuhr Vettel trotz des "höllisch anstrengenden Rennens", dem mit knapp zwei Stunden längsten im PS-Zirkus, und schwülheißer Temperaturen von mehr als 30 Grad unbeschwert dem Sieg entgegen. "Das ganze Rennen war locker und angenehm", sagte er. Auf das fehlende Happy End mit dem zweiten Titelgewinn angesprochen, grinste er nur: "Es sieht so aus, als ob wir im nächsten Rennen noch eine Chance bekommen."

Michael Schumacher sah dagegen aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Für ihn war das Rennen nach einem kapitalen Auffahrunfall mit Sauber-Pilot Sergio Perez bereits nach der Hälfte gelaufen. Sein Wagen wurde meterweit in die Luft katapultiert und krachte in die Streckenbegrenzung. Bange Sekunden, bis der Altmeister dem Wrack entstieg. Als der Mercedes beiseitegeräumt war, erinnerten zwei schwarze Bremsspuren vor einer Leitplanke Fahrer und Zuschauer an die Schrecksekunde des Abends.

"Das war sicher nicht ohne, aber mir geht es so weit gut", grummelte Schumacher: "Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass er da schon vom Gas geht, und dafür war ich dann einfach zu nah dran." Welche Platzierung ihm dadurch entging, wollte der siebenmalige Weltmeister nicht beurteilen: "Wir waren gut unterwegs, das wären sicher gute Punkte für uns gewesen."

Völlig daneben ging der Start für Lewis Hamilton, der von Rang vier auf acht zurückrutschte. Der britische Champion von 2008 übertrieb es einmal mehr bei seiner Aufholjagd. Bei einer Attacke gegen Felipe Massa zersplitterte der Frontflügel an Hamiltons McLaren, und er schlitzte den rechten Hinterreifen des Brasilianers auf. Auch Massa musste zurück an die Box. Für die Aktion verhängten die Rennkommissare, darunter auch der deutsche ehemalige Grand-Prix-Pilot Heinz-Harald Frentzen, eine Durchfahrtsstrafe für Hamilton, ein weiterer Eintrag in die Formel-1-Sünderkartei. Am Ende fuhr er noch auf den fünften Platz nach vorn.

An der Spitze zog Vettel, der bereits nach drei Runden einen Vorsprung von vier Sekunden auf Button hatte, unwiderstehlich seine Kreise. Mehr als elf Sekunden betrug sein Vorsprung, als er in der 15. Runde erstmals zum Reifenwechsel kam. Bis zur Halbzeit wuchs sein Polster auf den Champion von 2009 sogar auf knapp 20 Sekunden. Platz drei eroberte Vettels Teamkollege Webber, weil Alonso mit Brems- und Reifenproblemen kämpfte.

Als das Rennen nach dem Schumacher-Unfall in Runde 34 wieder freigegeben wurde, hatte Vettel allerdings drei überrundete Fahrzeuge zwischen sich und Button. Das nutzte der Weltmeister, um sich gleich in der ersten freien Runde wieder 8,9 Sekunden Vorsprung herauszufahren. Der Dominator war an diesem Abend nicht zu bremsen.