Erster Kampfabend des Hamburger Profiboxstalls im neuen Gym in Lohbrügge nach dem Abschied von Klaus-Peter Kohl

Hamburg. Für einen, der eigentlich "raus" ist, machte Klaus-Peter Kohl am späten Sonnabendabend einen sehr lebhaften Eindruck. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der 67 Jahre alte Kaufmann nach 27 Jahren die Geschicke seines Profiboxstalls Universum in die Hände des neuen Geschäftsführers Waldemar Kluch, 53, und dessen Investorenteam gelegt hatte. "Ich habe alles ordnungsgemäß abgewickelt", hatte er gesagt und damit bei Sportlern und Trainern, die in den Schritt nicht eingeweiht waren, für große Verblüffung gesorgt.

Zur ersten Veranstaltung der Nach-Kohl-Ära im neuen Trainingsgym in Lohbrügge hätte er deshalb als interessierter Besucher kommen können, doch weil er mit einem Beratervertrag ausgestattet und als Manager einiger Boxer auch noch immer am Erfolg der einstigen Weltmeisterschmiede beteiligt ist, hörte man die markante Stimme des Großgastronomen während der Hauptkämpfe so vertraut dröhnen wie in vielen Jahren zuvor. Kohl, der in der ersten Reihe hinter den am Ring platzierten Funktionären saß, hat es sich zur Gewohnheit gemacht, immer dann verbal einzuschreiten, wenn Universum-Boxer im Ring in Schwierigkeiten geraten, und weil den Schwergewichtlern Juan Carlos Gomez und Alexander Dimitrenko dies häufiger passierte als erwartet, hatte Kohl viel zu dirigieren.

Dimitrenko hatte gegen den Briten Michael Sprott unerwartet viel Mühe, seinen EM-Titel zu verteidigen. Der 29-Jährige bot seinem sieben Jahre älteren Kontrahenten zu viel Trefferfläche, reklamierte ständig und ließ sich vom unsauberen Stil des Engländers, dem vom schwachen Ringrichter Massimo Barrovecchio (Italien) zwei Punkte wegen Nachschlagens und Stoßens abgezogen wurden, beeindrucken. Am Ende siegte er zwar einstimmig (119:108, 117:111, 116:111) nach Punkten, hatte sich von seinem Ziel, 2012 einen der Klitschko-Brüder herauszufordern, jedoch einen Schritt entfernt.

Noch übler erging es Gomez. Der 38 Jahre alte Kubaner hätte mit einem Sieg über Darnell Wilson (USA) die Tür zu einer neuen (und letzten) WM-Chance weit aufgestoßen. Gehandicapt von einer Schulterverletzung wirkte der einstige Cruisergewichtschampion jedoch nur wie ein Schatten vergangener Tage, schob sich schnaufend wie eine schwerfällige Dampflok durch den Ring und verlor nach zehn Runden völlig verdient durch Mehrheitsentscheid.

Vorn am Ring saß der neue Geschäftsführer und versuchte, sein tapferes Lächeln nicht eingefroren aussehen zu lassen. Waldemar Kluch hatte im Vorfeld der Veranstaltung rund um die Uhr gearbeitet, um eine Sondergenehmigung für die neue Veranstaltungshalle zu bekommen. Am Ende durften 1300 Fans dabei sein, die Stimmung war den Kämpfen angemessen mittelmäßig. Von den russischen Großinvestoren, die in Zukunft, wenn alle Genehmigungen erteilt sind, mindestens alle zwei Monate eine Veranstaltung in Lohbrügge finanzieren sollen, war ebenso wenig zu sehen wie von den zahlreich angekündigten Prominenten.

Immerhin waren die Geschäftsführer zweier neuer Sponsoren, Andrej Kovalev vom Lebensmittelimporteur Dovgan und Jurij Demidov vom Versicherungskonzern Sovag, anwesend. Der Umfang ihres Engagements blieb jedoch ebenso unerwähnt wie der des Vertragsabschlusses mit dem russischen Staatsfernsehen Rossija 2, das in den kommenden zwei Jahren die Universum-Kampfabende übertragen wird.

In Deutschland übertrugen Sport 1 und bild.de sechs der elf Kämpfe live aus Lohbrügge. Kluch erklärte, innerhalb der kommenden Monate auf dem Heimatmarkt einen lukrativeren Abschluss erzielen zu wollen. Da die Ausrichtung nach Osteuropa auf allen Fronten vollzogen ist, wird es deshalb umso wichtiger sein, Kohls markante Stimme ab und an zu vernehmen, damit Universum seinen Ursprung nicht völlig aufgeben muss.