Aus gesundheitlichen Gründen hat der Coach sein Traineramt auf Schalke aufgeben. Er könne der Mannschaft derzeit nicht helfen, erklärt er.

Gelsenkirchen. Schock für Schalke 04: Ralf Rangnick ist am Donnerstagmorgen aus gesundheitlichen Gründen mit sofortiger Wirkung als Trainer des Fußball-Pokalsiegers zurückgetreten. Nach Angaben des Klubs ist der 53-Jährige aufgrund eines Erschöpfungssyndroms nicht in der Lage, seine Aufgabe weiterzuführen.

„Nach langer und reiflicher Überlegung bin ich zum Entschluss gekommen, dass ich eine Pause brauche“, sagte Rangnick auf der Schalker Homepage. „Die Entscheidung so zu treffen, ist mir unheimlich schwer gefallen. Doch mein derzeitiger Energielevel reicht nicht aus, um erfolgreich zu sein und insbesondere die Mannschaft und den Verein in ihrer sportlichen Entwicklung voranzubringen. Diesen Schritt gehe ich daher auch im Sinne meines Teams, dem ich für den weiteren Saisonverlauf den größtmöglichen Erfolg wünsche.“

Manager Horst Heldt erklärte, er habe „Hochachtung vor dieser Entscheidung. Er hat mir gesagt, dass es ihm nicht gut geht. Das zieht uns den Boden unter den Füßen weg, denn das war nicht erkennbar. Das war ein Schock.“ Rangnick brauche nun „keinen stationären Aufenthalt, sondern wird von Fachleuten behandelt. Wir können ihm nur zusichern, dass wir weiter engen Kontakt halten und ihn bei seiner Gesundung unterstützen werden.“

Clemens Tönnies, Aufsichtsratsvorsitzender der Königsblauen, sagte im Sport1-Interview: „So traurig und schade es auch ist, es tut mir total leid, aber wir müssen die Gesundheit von Ralf Rangnick über die Interessen des Klubs stellen.“

Auch Rangnicks Vorgänger auf Schalke Felix Magath äußerste sich nun zu dessen Rücktritt. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Sticheleien zwischen den beiden Trainern gegeben „Die Rücktritts-Entscheidung von Ralf Rangnick kam sehr überraschend. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, wie anspruchsvoll und auch belastend der Trainerberuf ist. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute und die nötige Zeit und Ruhe, um schnell wieder Kraft zu sammeln“, schrieb Magath, bei Schalke 04 der Vorgänger Rangnicks, auf seiner Facebook-Seite.

Magath erklärte, er „bewundere Ralf Rangnick dafür, dass er diesen Schritt gemacht hat. Seine Entscheidung verdient allerhöchsten Respekt. Als Trainer die Verantwortung zu haben, ist unheimlich anstrengend und kostet Nerven.“

Das Geschäft habe sich in den letzten Jahren so entwickelt, dass ein Trainer für alles verantwortlich gemacht werde, sollte es in einem Klub nicht laufen, betonte Magath. Er selbst habe damit aber zumindest bislang keine Probleme. „Ich bin da vielleicht etwas abgehärteter als andere Kollegen, weil ich bereits häufig entlassen wurde“, sagte Magath, der die Schalker bis zum März dieses Jahr selbst knapp zwei Jahre betreut hatte. „Ich wünsche Ralf Rangnick jetzt alles Gute, und hoffe, ihn schon bald wieder als Kollege in der Bundesliga zu sehen“, sagte der 58-Jährige.


Ralf Rangnick: Ein Arbeiter, der zu wenig Pause machte

Rangnick hatte zu Jahresbeginn nach seiner Amtszeit bei 1899 Hoffenheim erklärt, eine Auszeit bis Jahresmitte nehmen zu wollen - dieser Plan zerschlug sich, als Schalke einen Nachfolger für den mit einem großen Knall entlassenen Felix Magath suchte. Rangnick sprang am 17. März ein, führte die Mannschaft ins Halbfinale der Champions League, zum Triumph im DFB-Pokal und nicht zuletzt zum Klassenerhalt in der Bundesliga. Ein Kraftakt, der anscheinend tiefe Spuren hinterlassen hat.

Anschließend begann Rangnick, auf Schalke den Umbruch einzuleiten - die Mannschaft wurde umgebaut und stark verschlankt, da Felix Magath den Kader mit fragwürdigen Transfers aufgebläht hatte.

Vorerst übernehmen die Co-Trainer Seppo Eichkorn und Markus Gisdol das Schalker Training. Eichkorn wird das Team im Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) gegen den SC Freiburg betreuen. Wer die Nachfolge antreten wird, steht noch nicht fest. Schalke wird sich nun auf die Suche begeben. „Wir haben am Donnerstag sowieso eine turnusmäßige Aufsichtsratssitzung, da wird die Trainerfrage natürlich Thema Nummer eins sein. Wir müssen die beste Lösung finden und nicht die schnellste“, sagte Tönnies.

Zuletzt hatte der Fall Markus Miller für Aufsehen gesorgt: Der Torhüter von Hannover hatte sich wegen „mentaler Erschöpfung“ in psychologische Behandlung begeben. Der Klub knüpfte direkt eine Verbindung zum Fall Robert Enke, dem Nationaltorhüter, der sich 2009 wegen schwerer Depressionen das Leben genommen hatte.

Andere prominente Sportler mit Erschöpfungssyndrom waren Ex-Fußballstar Sebastian Deisler und Skisprung-Olympiasieger Sven Hannawald.

Hintergrund Burnout:

Burnout bedeutet soviel wie „ausgebrannt sein“. Das Erschöpfungssyndrom, an dem auch Fußballtrainer Ralf Rangnick leidet, bekommen meist Menschen, die über lange Zeit an ihrer Leistungsgrenze arbeiten. Sie überarbeiten sich in ihrem Beruf und stellen extrem hohe Erwartungen an sich selbst. Gerade weil Burnout vor allem ehrgeizige Menschen trifft, ist deren schleichendes Abgleiten in den Burnout oft nicht erkennbar.

Ausgangspunkt ist oft Überengagement im Beruf, der zum Lebensinhalt wird. Der Betroffene verleugnet seine Bedürfnisse. Anzeichen sind häufige Flüchtigkeitsfehler, völlige Erschöpfung, chronische Müdigkeit, Energiemangel und Konzentrationsstörungen. Oft folgt ein reduziertes Engagement, einige Betroffene machen Schuldzuweisungen und werden aggressiv. Es kann aber auch zu Depressionen und Angststörungen kommen. Die Suchtgefahr steigt.

Wer einem Burnout-Syndrom vorbeugen will, sollte sein Privatleben stärker pflegen, Konfliktstrategien erlernen, häufiger Kompromisse durchsetzen und sich gegen Überforderung im Beruf wehren.

„Der innere Motor läuft permanent auf Hochtouren. Und wenn er keine Möglichkeit hat, zur Ruhe zu kommen, riskiert man halt eine solche Burnout-Erkrankung“, sagte der Gelsenkirchener Diplom-Psychologe Martin Braun dem WDR. Und wenn man dann nicht schnell auf die Signale hört, riskiere man laut Braun eine weiterführende Erkrankung wie eine Depression.

Vor allem Vorzeigeprofis seien akut gefährdet, sagte Braun: „Da sind die hohen Erwartungen des Vereins, der Fans und natürlich auch die eigenen.“ Und wie kann man da Entgegenwirken? „Auf jeden Fall sofort runter vom Gaspedal. Auch mal loslassen und entspannen. Man muss zurückfinden zur Freude und zum Spaß am Fußball“, sagte Braun. Daneben rät er allen Betroffenen unbedingt dazu, eine Psycho-Therapie zu machen.

(dpa/dapd/sid/abendblatt.de)