Nach dem Mannschaftstitel wird der Springreiter aus Wedel im Einzelspringen Vize-Europameister

Madrid/Hamburg. "Ich bin stolz auf meine Reiter", sagte Bundestrainer Otto Becker in Madrid. "Mit Gold im Mannschafts- und Silber im Einzelspringen haben sie ihr EM-Soll mehr als erfüllt." Carsten-Otto Nagel (Wedel/Norderstedt) war wieder einmal der Beste im deutschen Team: Wie vor zwei Jahren in England wurde er auf der 13-jährigen Schimmelstute Corradina (8,69 Strafpunkte) hinter dem Schweden Rolf-Göran Bengtsson mit Ninja (6,77) Vize-Europameister. Auf Rang drei kam der Brite Nick Skelton mit Carlo (9,04).

"Mit Gold und Silber kann ich gut leben", sagte Nagel, nachdem er die erste Enttäuschung über sein verpatztes Doppel-Gold überwunden hatte. Zwei Abwürfe trugen dafür die Verantwortung. "Nachher ist man immer schlauer, vielleicht wäre ein Galoppsprung weniger vor dem Oxer besser für uns gewesen. Danach war die Stute etwas eingeschüchtert", sagte Nagel.

Während sich Ludger Beerbaum (Riesenbeck) auf Gotha als Achter und Marco Kutscher (Hörstel) auf Cornet Obolensky als Elfter noch ordentlich hielten, gab es für Janne Friederike Meyer (Schenefeld) auf Lambrasco nach zwei Fehlern im ersten Umlauf kein Happy End mehr. Sie schonte den Wallach und trat im zweiten Durchgang nicht mehr an - damit blieb am Ende der 20. Platz. "Bei uns ist es immer ein bisschen knapp, damit sind wir schon ziemlich weit gekommen", sagte die deutsche Meisterin, die zwei Tage zuvor zum deutschen Gold-Quartett gehörte. Hohes Lob hatte sie für Carsten-Otto Nagel bereit: "Corradina ist eines der weltbesten Springpferde, und dass Pferd und Reiter das beste Paar für Deutschlands Reiterei sind, ist keine neue Entdeckung."

Carsten-Otto Nagel, der am Freitag 49 Jahre alt wird, sagte: "Corradina ist wie ein Sechser im Lotto, ein absoluter Glücksfall. Ein Pferd von solcher Klasse gibt es selten in der Welt. Sie kann alles, ich muss ihr nichts mehr beibringen."

Der Vizechampion von Madrid hat ein gutes Gespür für Talent und Qualität. Erst vier Jahre alt war Corradina, als Carsten-Otto Nagel sie entdeckte. Er fackelte nicht lange und entschied: "Die will ich haben." Zum Züchter der Stute, Professor Hartwig Schmidt aus Borsfleth, sagte er: "Die kannst du bald im Fernsehen sehen."

Er behielt recht. Seit fünf Jahren sind Corradina und Carsten-Otto Nagel ein sieggewohntes Duo, von dem die Konkurrenz voller Hochachtung spricht. Der Höhenflug, den Nagel gegenüber dem Hamburger Abendblatt als "zweiten Frühling" bezeichnete, begann 2008. Pferd und Reiter waren als Ersatzteam für Olympia in Peking nominiert. Corradinas Besitzer Michael Herz und Nagel entschieden damals, dem Pferd die lange Reise zu ersparen.

Dann ging es Schlag auf Schlag: Vize-Europameister 2009 in Windsor/ England, Mannschafts-Weltmeister und Einzelfünfter 2010 in Lexington/Kentucky und jetzt in Madrid Team-Gold und Einzel-Silber. "Ich habe mein ganzes Leben dafür gearbeitet, dass ich einmal ein solches Pferd reiten darf", schwärmte der zweimalige Hamburger Derbysieger.

Mit Mannschafts-Gold und Einzel-Silber waren Nagel und Corradina die Parcours-Könige in Madrid. Eine weitere Steigerung könnte es im kommenden Jahr geben - bei Olympia in London. Dann will Carsten-Otto Nagel mit fast 50 Jahren endlich sein olympischen Debüt geben und möglichst wieder mit einer Medaille nach Hause zurückkehren. Das Alter spielt in seinen Augen keine Rolle: "Wir sind beide dafür noch jung genug."