Ludger Beerbaum führt die deutsche Equipe an, in der auch zwei Norddeutsche auf einen erneuten Triumph hoffen

Hamburg. Ludger Beerbaum hat in seiner Karriere fast alles gewonnen, was die Vita eines Springreitprofis schmücken kann. Der mittlerweile 48-Jährige wurde mit der Mannschaft dreimal und im Einzel einmal Olympiasieger, er ist zweifacher Welt- und fünffacher Europameister. Trotzdem hat der Erfolgsmensch aus dem westfälischen Riesenbeck noch lange nicht genug.

Wenn er morgen in Madrid einmal mehr zu den kontinentalen Titelkämpfen antritt, sieht er sich mit einer neuen Herausforderung konfrontiert. Sie hört auf den Namen Gotha und ist eine zehn Jahre alte Fuchsstute mit einem ziemlich starken Willen, wie ihr Reiter sagt. "Gotha hat ein großes Herz, einen unheimlichen Vorwärtsdrang. Man muss sie immer ein bisschen regulieren", berichtet Beerbaum. "Es ist das erste Mal, dass wir bei einem solchen Championat starten. Madrid ist daher auch ein Test für die Olympischen Spiele in London."

Im vergangenen Jahr, als die deutsche Equipe in Kentucky Mannschafts-Weltmeister wurde, wäre Beerbaum ebenfalls gerne dabei gewesen. Doch Gotha war damals noch nicht bereit für diese große Aufgabe. Das Duo blieb zu Hause, während Beerbaums Schwägerin Meredith Michaels-Beerbaum (Thedinghausen), Janne Friederike Meyer (Schenefeld), Carsten-Otto Nagel (Wedel) und Marcus Ehning (Borken) die Goldmedaille holten.

Die beiden Reiter aus dem Hamburger Umland stehen erneut im deutschen Aufgebot für den Nationenpreis bei der EM, das durch Beerbaum und den in Kentucky wegen einer Verletzung seines Pferdes fehlenden Marco Kutscher (Riesenbeck) komplettiert wird. Auch wenn nach dem Triumph in den USA nun viele Fans auf den nächsten Titel hoffen, wollen sich die deutschen Starter nicht in eine Favoritenrolle drängen lassen. "Wir sind allenfalls Mitfavorit", meint Beerbaum. "Die Holländer sind beispielsweise stark. Auch die Engländer und die Schweizer sehe ich vorne."

In der Tat war der WM-Titel der Deutschen im vergangenen Jahr eher ein Überraschungscoup als eine Erfolgsgarantie für die Gegenwart. Andererseits ist das deutsche Team bei der EM stark genug besetzt, um insgeheim doch auf einen weiteren Triumph hoffen zu dürfen. Beerbaum und Co. wollen jedoch ein Debakel wie bei Olympia 2008 vermeiden, als die gesamte Reitsportwelt auf die Deutschen schaute und am Ende nach dem sportlichen Misserfolg auch noch der Medikationsskandal um Christian Ahlmann (Marl) über die Equipe hereinbrach. Bei Ahlmanns Pferd Cöster war bei den Reiterspielen der verbotene Wirkstoff Capsaicin nachgewiesen worden. Als Salbe auf die Beine aufgetragen, erhöht dieser die Schmerzempfindlichkeit. Die Tiere geben sich mehr Mühe, keine Stange zu reißen.

Nachdem es zuletzt längere Zeit keine ähnlich prominenten Fälle um hypersensibilisierte Pferdebeine gegeben hatte, fielen Anfang September beim hochdotierten Turnier in Rio de Janeiro wieder drei Reiter negativ auf. "Ein solcher Fall bei der EM wäre natürlich ein Schreck", meint Beerbaum. Grundsätzlich habe er jedoch ein besseres Gefühl als noch vor ein paar Jahren, dass im Parcours alles mit rechten Dingen zugeht. "Der Sport ist glaubwürdiger geworden, weil die Leute damit rechnen müssen, dass sie erwischt werden", sagt Beerbaum. Vereinzelte schwarze Schafe werde es seiner Meinung nach jedoch immer geben.

Der Zeitplan für die EM in Madrid: Mi. 14 Uhr: Zeitspringen. Do. 14 Uhr: Nationenpreis (1. Runde). Fr 16.30 Uhr: Nationenpreis (2. Runde). So, 15.50 Uhr: Finale Einzelwertung. Eurosport überträgt Donnerstag wie Freitag live und zeigt am So ab 22.15 Uhr eine Zusammenfassung.