Die traditionelle Regatta startet mit spektakulären Katamaranen in die Weltserie

Hamburg/Cascais. Carlos Carreiras fand große Worte. "Cascais", sagte der Bürgermeister des portugiesischen Hafenstädtchens am westlichen Zipfel Kontinentaleuropas, "ist für Portugal, was Monaco für Frankreich bedeutet." Wenn das so ist, war es wohl die richtige Entscheidung, diesem Revier eine Veranstaltung von historischem Format anzuvertrauen. Ultraschnelle kleine und wendige Katamarane werden von diesem Sonnabend an bis zum kommenden Wochenende mit bis zu 60 km/h durch die Wellen flitzen und sich nur wenige Meter von den Badegästen entfernt spektakuläre Duelle liefern. Cascais erlebt in diesen Tagen nicht weniger als eine Revolution im Segelsport. Die neue Ära im America's Cup.

Seit der amerikanische Software-Milliardär Larry Ellison 2010 mit seiner Yacht "Oracle" den ältesten Segelpokal der Welt erobert hat, bleibt in dem Wettbewerb kein Stein auf dem anderen. Die Veranstalter versprechen fünf Superlative, die es so in diesem Sport noch nie gegeben hat: die besten Segler auf den schnellsten Booten, kurze und schnelle Rennkurse, fernsehgerechte Formate, zuschauerfreundliche Regatten und natürlich extremes Segeln hoher sportlicher Qualität.

Der Auld Mug, eine extrem hässliche Zinnkanne aus dem Jahr 1848, war schon lange das Einzige, was beim America's Cup an die Tradition gemahnte. Sündhaft teure Technik, dazu immer neue Regeln, hatten das Hochseesegeln vom Sportkonsumenten entfernt. Nun soll der überkommene Wettbewerb in der Neuzeit ankommen. Dass die Traditionalisten die Nase rümpfen, wenn der viermalige America's-Cup-Sieger Russell Coutts in Oracle-Diensten sogar die klassische Segelsprache aus Steuerbord und Backbord in rechts und links verändern will, darf erwartet werden

Aber Coutts und Ellison haben alle Argumente auf ihrer Seite. Die "Weltserie" aus 13 Regatten, die am Sonnabend in Cascais beginnt, im September nach Plymouth und im November nach San Diego weiterzieht, ist ein Appetithappen für den eigentlichen America's Cup. Die Teams, die 2013 um den Pokal segeln, messen sich jetzt schon mal in kleineren Abziehbildern der späteren Cup-Katamarane. Die Boote der Klasse AC45 (für 45 Fuß Länge, 13,80 Meter) sind identisch, gebaut in Neuseeland und 700 000 Euro teuer. Den Unterschied machen nicht mehr die Geistesblitze der Designer, sondern die Segler. Das Großsegel ist ein Flügel aus Kohlefaser und Kunststoffen. "Das Boot kann unter beinahe allen Bedingungen gesegelt werden", sagt Ian Burns, Designchef bei Oracle. Das bedeutet: "Die Rennen werden immer pünktlich beginnen." Das war früher nie möglich.

Nicht nur die Zaungäste am Strand werden die Wettfahrten gut beobachten können. Die Fernsehsender werden mit Helmkameras und Mikrofonen an Bord spektakuläre Bilder liefern, von einem Hubschrauber aus werden Daten berechnet, die imaginäre Linien auf das Wasser zaubern.

Wie extrem das Segeln mit den neuen geflügelten Katamaranen ist, musste Russell Coutts Mitte Juni selbst erleben. Bei einer Testregatta vor San Francisco war er mit einer AC45-Yacht gekentert und einige Meter tief ins Wasser gestürzt. "Die Dinger sind schneller als alles, was ich kenne", sagte er dem "Spiegel". Der Unfall lieferte spektakuläre Bilder, mit denen die Veranstalter auf ihrer Internet-Homepage www.americascup.com werben. Die neun Teams aus sieben Ländern tasten sich in Cascais an das Hochgeschwindigkeitssegeln heran. Bertrand Pack, Skipper der französischen Yacht "Aleph", sagt: "Wir lernen Tag für Tag mehr, wie wir die rohe Kraft des Flügelsegels beherrschen."

Aber so rasant diese Yachten auch sein mögen, im Vergleich zu den Katamaranen, die 2013 um den America's Cup segeln, sind sie Zwerge. Statt fünf Crewmitglieder werden auf der AC72 elf Mann an Bord sein, der Mast ist mit 40 Metern fast doppelt so hoch, die Flügelfläche hat sich mit 260 Quadratmetern verdreifacht. Und natürlich sind die Boote noch schneller: die Ingenieure haben ein Tempo von bis zu 77 km/h berechnet. Ein deutsches Boot wird nicht dabei sein. Eigner und Sponsoren scheuen die geschätzten Kosten von bis zu 100 Millionen Euro.

Das finale Duell um den America's Cup soll 2013, so planen es die Veranstalter, nicht mehr eine exotische Nischenveranstaltung sein, sondern ein Fernsehereignis, das weltweit live in die Wohnzimmer und auf die Computer flimmert. Die Kulisse wird auch den malerischen Hafen von Cascais noch toppen: die majestätische Kulisse der Bucht vor San Francisco, zwischen Golden Gate Bridge, Alcatraz und Fisherman's Wharf.