Formel-1-Weltmeister siegt auch in Spa. Michael Schumacher glänzt zum Jubiläum

Spa. Selten hat ein Formel-1-Rennen so viele Sieger hervorgebracht wie der Große Preis von Belgien gestern in Spa. Sebastian Vettel sah als Erster die Zielflagge. Sein Teamkollege Mark Webber bleibt sein Schattenmann, aber auch sein erster Verfolger in der Formel-1-Weltmeisterschaft - der Australier wurde mit der Verlängerung seines Vertrags bei Red Bull um ein Jahr belohnt, bevor er am Sonnabend seinen 35. Geburtstag feierte und im Rennen am Tag darauf als Zweiter ins Ziel fuhr. Vom Siegerpodest lächeln durfte nach einer starken Aufholjagd auch der Dritte, Jenson Button, der für seinen Teamchef Martin Whitmarsh die "beste Leistung des Tages abgeliefert" hatte. Und dann gab es noch Michael Schumacher.

Der Rekordweltmeister räumte an seinem Jubiläums-Wochenende unbestritten die meisten Gegner aus dem Weg. Nach einer missratenen Qualifikation, die ihn auf den 24. und letzten Startplatz verbannt hatte, preschte Schumacher noch auf Rang fünf vor - vermutlich das Maximum, das er mit seinem Mercedes-Silberpfeil derzeit erreichen kann. Es war ein versöhnlicher Abschluss eines sportlich durchwachsenen Wochenendes. "Ich habe das Rennen ganz gut gestalten können", sagte Schumacher grinsend. "Meine Erfahrung hat mir sicher geholfen."

Während Schumachers Rekorde langsam verblassen, stellt Vettel neue Bestleistungen seiner jungen Karriere auf. Nachdem er am Sonnabend mit seiner 24. Poleposition zu den dreimaligen Weltmeistern Niki Lauda und Nelson Piquet aufgeschlossen hatte, ließ er den 17. Grand-Prix-Sieg folgen, seinen ersten auf dem traditionsreichen Kurs.

"Ich bin sehr stolz, meinen Namen hier in die Siegerliste eingetragen zu haben. Das ist eine sehr schöne Strecke, ich habe jede Runde genossen", sagte Vettel.

Einen Rückschlag im Titelrennen erlebte Lewis Hamilton. Der britische McLaren-Pilot schied in Runde 13 aus. Er war bei einem Überholmanöver mit Sauber-Pilot Kamui Kobayashi kollidiert und heftig in die Leitplanken eingeschlagen.

Für Vettel dagegen wird die Titelverteidigung mehr und mehr zur Formsache. Dabei schien es so, als wäre Red Bulls Dominanz verflogen, nachdem Vettel vor der vierwöchigen Sommerpause letztmals Anfang Juni in Valencia gewonnen hatte. Die Verfolger McLaren und Ferrari hatten sich Siegchancen ausgerechnet, zumal die Strecke in Spa dem Red Bull nicht liegen sollte. Nun aber ist Vettels Auto auch auf dem gleichgearteten Hochgeschwindigkeitskurs in Monza in zwei Wochen favorisiert. "Es war ein phänomenales Rennen von Sebastian, er hatte enormen Druck", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.

Vettels Widersacher haben ihre Waffen gestreckt. "Die WM ist nicht mehr in Reichweite", gestand Hamilton. "Wir müssen realistisch sein", bekannte Ferrari-Pilot Fernando Alonso als Vierter. Mit 259 Punkten hat Vettel jetzt schon 92 Zähler Vorsprung auf Webber aus dem eigenen Team und 102 Punkte auf Ferrari-Chefpilot Fernando Alonso, der in Belgien nur den vierten Platz belegte.

Doch diese Katerstimmung war nichts gegen die Schrecksekunde, die Michel Schumacher in der Qualifikation widerfuhr. Sein Mercedes schoss am Sonnabend in die Streckenbegrenzung, weil die Mechaniker einen Reifen nicht fest angezogen hatten. Mercedes-Sportchef Norbert Haug entschuldigte sich bei seinem teuren Angestellten für das Missgeschick: "So etwas darf nicht passieren."

Gefeiert wurde danach trotzdem. Zu Schumachers 20. Jahrestag in der Formel 1 defilierten bei Mercedes unter anderem Jürgen Dilk, sein Förderer der ersten Stunde, Masseur Balbir Singh, Freund Heribert Füngeling, Ehefrau Corinna und Vater Rolf. Der Streckenbetreiber schenkte Schumacher einen mit Kristallen besetzten Helm. Der schmucke Kopfschutz ersetzte gestern den Goldhelm, der ihm in der Qualifikation wenig Glück gebracht hatte. Eddie Jordan, sein erster Teamchef, hatte Schumacher eine Kupplung mitgebracht. Die hätte er bei seinem Debüt dringend benötigt. Sie war im August 1991 defekt, Schumacher musste den Jordan-Rennwagen in seinem ersten Grand Prix damals nach nur 550 Metern abstellen.

Geschenke wurden nicht nur im Motorhome verteilt, drei Runden vor Rennende erging an Nico Rosberg ein merkwürdiger Funkspruch aus dem Mercedes-Kommandostand: Rosberg solle zum Spritsparen früher hochschalten. Hatten die Strategen trotz einer langen Safety-Car-Phase zum wiederholten Mal bei Rosberg die Benzinmenge zu knapp berechnet oder wollten sie Schumachers Jubiläum versüßen? Der anschließende Platztausch sicherte dem Rekordweltmeister Platz fünf und krönte die Serie denkwürdiger Auftritte des Altmeisters auf dem Ardennen-Kurs. Schumacher jedenfalls war zufrieden: "Ein sehr schönes Ende für uns, aber ich habe es mir gedacht, dass es nach dem nicht so schönen Beginn nur noch besser werden würde. Dass meine Familie und Freunde hier sind, hat mir geholfen."

RTL-Experte Niki Lauda zog angesichts der "unglaublichen Leistung" seines Freundes Schumacher die rote Kappe. Und Rosberg wollte von einer Dreingabe nichts wissen. "Ich habe ihm bestimmt kein Jubiläumsgeschenk gemacht. Ich habe mich gewehrt, wollte ihn nicht vorbeilassen, aber er hatte die weichen Reifen drauf, ich die harten." Dass ihn das Team zum wiederholten Male ausbremste, nahm der zwei Runden führende Rosberg gelassen. "Es kann sein, dass ich viel Sprit verbraucht habe, weil ich am Anfang ziemlich Gas gegeben habe." Immerhin lag in der Anfangsphase, als Rosberg den führenden Vettel überraschte, einmal kurz ein Mercedes an der Spitze eines Formel-1-Feldes.