Großbritanniens Hockey-Elite zieht bis zu den Olympischen Spielen in ein Leistungszentrum - dabei ist auch Alsters Barry Middleton

Mönchengladbach. Barry Middleton hat in seiner Hockeykarriere einige Erfolge gefeiert. 2009 wurde er mit England Europameister, in diesem Sommer holte er in der Bundesliga mit dem Club an der Alster den Meistertitel. Mit 232 Länderspielen ist der Kapitän Rekordhalter im Kader der Briten. Doch was im kommenden Jahr auf Middleton zukommen wird, das kann sich der Mittelfeldspieler nur in seinen Träumen ausmalen. "Olympische Spiele vor der eigenen Haustür erlebt ein Athlet nur einmal im Leben, und auch nur, wenn er großes Glück hat", sagt er.

Wenn alles nach Plan läuft, dann wird der 27-Jährige im Sommer 2012 in den Genuss dieses einmaligen Erlebnisses kommen. Olympia in London ist seit Jahren das Thema im britischen Sport, doch nun, da es nach der derzeit laufenden Doppel-EM in Mönchengladbach auf die Zielgerade der Vorbereitung geht, wächst die Spannung proportional zum Konkurrenzkampf um die Plätze in den 16-köpfigen Aufgeboten. Dem Hockey kommt in der Vorbereitung auf Olympia eine Sonderstellung zu. Bislang waren die Mitgliedsländer des Vereinigten Königreichs - England, Schottland, Wales und Nordirland - in eigenständigen Verbänden und Nationalteams organisiert. "Für Olympia wurde beschlossen, dass die Auswahlteams an einem Ort zusammengezogen werden und in London als Team Great Britain unter gemeinsamer Flagge antreten", sagt Mike Haymonds, ein Hockey-Experte, der für verschiedene britische Tageszeitungen berichtet.

Die britischen Hockey-Asse wurden am Leistungszentrum Bisham Abbey südöstlich von London zusammengezogen. Vor einem halben Jahr mussten die Damen ihren Wohnsitz dorthin verlegen, nach der EM ziehen die Herren nach, weshalb Middleton den Club an der Alster nach nur einem halben Jahr wieder verlassen musste. "Wir wollen, dass die Teams an vier Tagen wöchentlich gemeinsam trainieren. In Bisham haben wir alles, was nötig ist, wir können sogar im Olympic Park üben und uns an den blauen Kunstrasen gewöhnen, auf dem gespielt wird", sagt Hilary Rose, Teammanagerin der Damenauswahl. Wettkampfpraxis dürfen die Athleten zusätzlich zu den Testländerspielen auf Vereinsebene sammeln, aber nur in England, und die Teilnahme am Ligenbetrieb ist ihnen freigestellt.

Allen Verantwortlichen ist klar, dass eine Kasernierung ihrer Mannschaften die Gefahr von Lagerkoller birgt. Die wichtigste Einführung sei die Position eines sogenannten "Lifestyle-Beauftragten" gewesen, der sich darum kümmert, dass die Spieler die Balance zwischen Konkurrenzkampf und nötiger Entspannung halten und auf die Besonderheit eines olympischen Heimspiels psychologisch vorbereitet werden. "Das hat einen richtigen Schub gegeben. Die Mädels kämpfen um ihren Platz, aber sie nehmen auch Rücksicht auf die, die nicht mithalten. Dadurch ist ein besonderer Teamspirit entstanden", sagt Rose.

Haymonds sieht durch die Fixierung auf das Ziel London 2012 eine Gefahr für die nachfolgenden Generationen. "Durch die Unterstützung der staatlichen Lotterie steht eine immense Summe an Geld zur Verfügung. Nach London werden die Zuschüsse aber radikal beschnitten. Dann droht das neue System wieder zu zerfallen", sagt er. David Bunyan, Teammanager der Herren, versichert, dass man alles tun wird, dies zu verhindern. "Wir planen jetzt schon für Rio 2016. Wir wollen die Chance, die uns diese Heimspiele bieten, dafür nutzen, ein grundlegendes System aufzubauen, von dem wir auch mittel- und langfristig profitieren können."

Egal, wie die Heimspiele ausgehen: Das britische Hockey wird sich nicht vorwerfen müssen, nicht alles für den Erfolg getan zu haben.